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Jagon
Tr?ger
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Er fand sie in dem Zimmer das Mirianna f?r sie hergerichtet hatte ? eigentlich das Schlafzimmer von Hengist und Mirianna, aber das Weib des B?rgermeisters hatte es sich nicht nehmen lassen, das beste Zimmer im Hause f?r die Prinzessin Harbens bereitzustellen, obwohl diese alles andere als darauf beharrte.
Die beiden Wachen vor der T?r nahmen Haltung an als Gabriel an ihnen vorbeirauschte ohne sich um sie zu k?mmern, und waren klug genug nichts zu sagen als der Pfeil des Lichts, entgegen allen Regeln der H?flichkeit ? oder auch nur des Anstands ? ohne Anzuklopfen oder weitere Umschweife das Zimmer betrat und die T?r hinter sich ins Schloss warf. Gabriel war auf eine schwer zu beschreibende, irrationale Art und Weise w?tend. W?tend auf Leandra, weil sie einen Anderen geheiratet hatte; w?tend auf Diadera weil sie ihm nichts davon gesagt hatte; w?tend auf Cernol, den Verr?ter und Wortbrecher; w?tend sogar auf sich selbst weil er es zugelassen hatte.
Ein kleiner Teil dieser Wut ? wirklich nur ein ganz kleiner ? verrauchte, als er in Diaderas zuerst erschrockenes, dann w?tendes und, als ihr klar wurde weshalb der Pfeil des Lichts gekommen war, eindeutig betroffenes Gesicht blickte. Offenbar hatte die Prinzessin gerade gebadet, denn ein gro?er Badezuber stand mitten im Zimmer, und in der Luft hing eine gewisse schw?le W?rme die die Scheiben beschlagen lie?. Diadera zupfte das leichte Leinentuch zurecht, das sie als einziges Kleidungsst?ck trug, und sah m?hsam beherrscht zu ihm auf. Mit Sicherheit war die Prinzessin es nicht gewohnt dass jemand ? noch dazu ein Mann! ? unangemeldet in ihre Gem?cher hereinst?rmte, aber Gabriel war es in diesem Moment v?llig gleich.
?Ist es wahr??, war alles was er hervorbrachte, und es brauchte auch keine zus?tzlichen Worte der Erkl?rung oder ?hnliches. An Ihrem sich verd?sternden Gesichtsausdruck und der Art wie sie seinem Blick auswich erkannte der Pfeil des Lichts sofort dass sie nicht nur genau wusste wovon er sprach, sondern sie beantwortete seine Frage auch gleich damit.
Gabriel schloss die Augen. F?r einen Moment lauschte er dem Rauschen seines eigenen Blutes in den Ohren, bemerkte erst jetzt dass er schon die ganze Zeit die Fingern?gel in den Handballen bohrte und versuchte vergeblich sich an irgendeine der vielen Atmungs?bungen zu erinnern die man ihm in seiner Ausbildung beigebracht hatte. So stand er einige Augenblicke da, ehe ihn schlagartig alle Kraft verlie? und er sich bem?hen musste um nicht zu wanken. Z?gernd ?ffnete er die Augen und bemerkte dass Diadera auf Arml?nge herangekommen war. Sie hatte die rechte Hand erhoben, sie aber nicht ganz ausgestreckt. Die Geste hatte etwas hilfloses an sich, und sie entsprach sehr gut dem, was Gabriel in diesem Moment f?hlte.
?Warum hast du es mir nicht gesagt? Warum musste ich es ausgerechnet von ihrem Vater erfahren?? Er suchte ihren Blick, aber sie wich ihm noch immer stumm aus. ?Warum?!?, fuhr er sie an, weit lauter als beabsichtigt, und mit einer Sch?rfe die ihn selbst ein klein wenig erschreckte. Diadera fuhr zusammen wie unter einem Fausthieb, aber sie wich nicht vor ihm zur?ck. Stattdessen trat ein gequ?lter Ausdruck auf ihr Gesicht. ?Weil ich es nicht konnte. Ich wei? dass du mich hasst f?r das was ich dir? uns angetan habe?, verbesserte sie sich, ?aber ich bin trotz allem k?niglichem Brimborium auch nur ein Mensch. Ein Mensch mit Gef?hlen, Gabriel, verstehst du das nicht??
?Dass sich irgendwo in dir so etwas wie Mitleid oder Zuneigung f?r Andere befindet kannst du jemandem erz?hlen der dich nicht so gut kennt wie ich.? Gabriel sah dass er sie mit seinen Worten zutiefst verletzte, aber er konnte oder wollte in diesem Moment nicht aufh?ren. Da war etwas dunkles, b?ses in ihm, eine Stimme die ihm best?ndig zufl?sterte dass sein eigener Schmerz umso ertr?glicher wurde, je mehr Schmerz er anderen zuf?gte. ?Du wolltest mich nicht behalten als du mich einmal hattest, und als sich deine Hofdame um mich gek?mmert hat warst du erleichtert das Problem mit dem grobschl?chtigen Trampel los zu sein der dir nur f?r einige wenige N?chte gut genug war. Ist es das? Hast du Angst dass ich jetzt, da Leandra nicht mehr frei ist, wieder in Liebe zu dir entflammen k?nnte und die feine Prinzessin damit bel?stige??
Gabriel wusste selbst dass er Unsinn redete und sich kindisch benahm, aber er konnte nicht anders. Es war alles zu viel. Malakais Auftauchen, Esekhiels Tod, der Verlust seines halben Augenlichts, der Bruch mit den G?ttern, Maras f?rchterliches Ende, Diaderas Erscheinen und die Hoffnung auf Befreiung in den Augen aller Thorner an denen er vorbeikam ? es war ihm in diesem Moment so als w?ren das alles Lasten die sich auf seiner Brust auft?rmten und ihm die Luft zum Atmen abschn?rten. Irgendwie musste er sich Freiraum verschaffen ? und sei es, indem er nun auch noch das endg?ltig allerletzte Bindeglied zu seinem alten, geregelten Leben zertr?mmerte.
Aber Diadera reagierte nicht so wie er erwartet hatte. Nat?rlich glomm in ihren Augen ein tiefer Schmerz auf bei seinen Anschuldigungen, aber der ?rger den er halb bef?rchtet, halb erhofft hatte, blieb aus. Stattdessen trat sie noch einen Schritt n?her an ihn heran, so nahe dass er die parf?mierten ?le in ihrem Haar riechen konnte und die von ihrem frisch gebadeten K?rper abgestrahlte Hitze f?rmlich zu sp?ren glaubte. Endg?ltig legte sie jetzt die Hand auf seien Wange und sah ihn aus ihren blauen Augen mit einer seltsamen Mischung aus Mitleid, Verst?ndnis und leichtem Tadel an.
?Es tut mir leid was damals war?, sagte sie, ?und auch was jetzt ist. Ich wusste dass Leandra geheiratet hat, und ich wusste auch Cernol es benutzen w?rde um dir wehzutun. Aber du musst mir glauben, wenn ich die Kraft gehabt h?tte dieses Gespr?ch schon fr?her mit dir zu f?hren, dann h?tte ich es getan.? In ihrer Stimme lag etwas Flehendes das Gabriel augenblicklich auch den letzten Rest seines ?rgers vergessen lie?. Sein Zorn hatte sich ohnehin niemals gegen die Prinzessin gerichtet ? sie hatte nur das Pech gehabt dass sie als Einzige greifbar gewesen war. Ganz automatisch ? aus einer Bewegung heraus die er l?ngst vergessen geglaubt hatte, breitete er die Arme aus wie um sie zu umarmen, erinnerte sich im letzten Moment daran dass es zwischen ihnen beiden nicht mehr so war wie fr?her und wollte peinlich ber?hrt einen Schritt zur?ck und aus ihrer N?he heraus machen. Doch Diadera war schneller. Sie trat auf ihn zu, wobei ihr Blick nie den seinen verlor, und schmiegte sich an ihn. Dabei rutschte das Leinentuch das sie sich ?bergeworfen hatte haltlos zu Boden. Keiner von beiden k?mmerte sich darum, als Gabriels Arme sich um Diaderas K?rper schlossen und er, den Kopf in ihrem Haar vergraben, leise schluchzend erneut zu weinen begann.
* * *
Kata. Hjalmir, die Bakkanaii-Klinge mit dem nordischen Namen, schwebte langsam durch den Raum als Malakai dieselben Bewegungen immer und immer wieder durchlief. Zuerst langsam, dann immer schneller werdend zuckte die schmale, gebogene Klinge aus mehrfach gefaltetem Stahl durch die Luft, schnitt durch imagin?re Gegner und vollf?hrte einen komplizierten, keinem sichtbaren Muster folgendem Kurs. Kata. Immer schneller wurde das Schwert, w?hrend Malakai mit geschlossenen Augen in sich hineinhorchte und eine Art stummer Zwiesprache mit sich selbst ? genauer gesagt mit den beiden Teilen seines Wesens ? f?hrte. Was Hagtys ? Saga?ira? ? ihm er?ffnet hatte lie? ihn seit jenem Abend nicht mehr los. Er stand vor einer Entscheidung die m?glicherweise nicht nur sein eigenes Leben ver?ndern w?rde, sondern das von ganz Sleipgard ? nein, das der ganzen Welt, verbessere er sich in Gedanken. Kata.
Hjalmir verwandelte sich in einen silbernen Blitz, mit den Augen kaum noch zu erkennen, daf?r an seinem Pfeifen umso deutlicher auszumachen. Dann, ohne besonderen Grund, lie? Malakai die Klinge mitten in der Bewegung anhalten. Sie vibrierte, als bes??e sie einen eigenen Willen und w?re erbost ?ber diese unerwartete Unterbrechung des Kata, aber der Nordlandprinz starrte das Schwert einfach nur an. In gewisser Weise hatten sie vieles gemeinsam, dachte er. Auch Hjalmirs Klinge war nur zu einem einzigen Zweck geschmiedet worden: Um einem h?heren Willen als Waffe zu dienen, aus der Scheide gezogen wenn man es ben?tigte, und weggesteckt wenn es seine Arbeit getan hatte.
War es das? War das der einzige Grund aus dem er existierte? Der gro?e Adorian von dem das Buch der Prohpezeihung berichtete er w?rde die alte Ordnung zertr?mmern und aus Feuer und Blut eine neue erschaffen? Der Grund daf?r, dass sein Bewusstsein von so unterschiedlichen Str?umungen beherrscht wurde wie es der Fall war? Malakai verzog das Gesicht zu einer Grimasse, dann f?hrte er Hjalmir dicht an seinen Mund und fl?sterte: ?Was begehrst du??
* * *
__________________ "Optimismus ist, bei Gewitter auf dem h?chsten Berg in einer Kupferr?stung zu stehen und ?Schei? G?tter!? zu rufen."
Feminismus ist nur dazu da, um h?ssliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren." (Charles Bukowski)
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11.03.2005, 14:16 |
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Es war sp?ter Abend, und in Hengists Haus wurde es allm?hlich still. Gabriel hatte das Fenster weit aufgerissen und lehnte sich hinaus. Eiskalter Wind pfiff ihm ?ber das Gesicht, ergriff sein str?hniges langes Haar und peitschte es kreuz und quer. L?ngst schon hatte sich auf dem Boden um ihn herum ein feiner Teppich aus Schnee gebildet, und wahrscheinlich war er gerade im Begriff sich eine Lungenentz?ndung zu holen, aber der Pfeil des Lichts konnte nicht anders. Der eisige Wind k?hlte ihn, streichelte ihn, wehte seine d?steren Gedanken mit fort auf seiner unabl?ssigen Wanderung durch Sleipgard.
?Fl?stert der Wind Euch Antworten zu? Spricht er zu Euch??
Gabriel war noch nicht einmal wirklich ?berrascht pl?tzlich die Stimme zu h?ren. Langsam drehte er sich um und blickte in das runzlige alte Gesicht von Hagtys, Mordechais Hexe. Sie stand unmittelbar vor ihm, geh?llt in eine Tunika die mit sommerlichen Blumen bedruckt war, der frostigen Jahreszeit absolut spottend. Gabriel sch?ttelte den Kopf. ?Ich h?re nichts. Nur ein Pfeifen.?
Die Alte legte den Kopf schief und blickte ihn forschend an. ?Ist das so? Vielleicht h?rt Ihr auch einfach nicht genau hin.? Garbiel wollte ihre H?nde wegsto?en als sie sich seinem Gesicht n?herten, aber wie zuvor schon Deodorn konnte auch er sich pl?tzlich nicht mehr bewegen. Die runzligen alten Finger tasteten ?ber seinen Mund, seine Nase, machten auch vor seinem tr?ben Auge nicht Halt, und legten sich schlie?lich auf seine Schl?fen. ?Was??, presste er m?hsam hervor, aber die Antwort bestand nur aus einem ?Pssst.? Gefolgt von einem herrischen ?Lauscht!?.
Und Pl?tzlich war es da. Oder vielmehr Gabriel selbst war pl?tzlich da, an mehreren Orten gleichzeitig. Es war unm?glich zu beschreiben, doch der Pfeil des Lichts sp?rte wie sein Bewusstsein sich erweiterte, wie es wuchs und sich ausdehnte. Er sah, sp?rte, h?rte, ja sogar schmeckte und roch das Leben um ihn herum, es pulsierte. Die zwei Wachen vor seinem und Malakais Zimmer, pl?tzlich sah er sie deutlich vor sich und ohne sie geh?rt zu haben kannte er ihre Namen. Auf dem Dachboden, eine Familie von Ratten auf der Suche nach etwas zu Essen; in den Dielen unter ihm Holzw?rmer, einfache Kreaturen die nur zwei Dinge kannten, Fressen und Schlafen; in den anderen Zimmern des Hauses Hengist und sein Weib; Diadera lag in ihrem Bett und schlief, ihr Atem ging ruhig und gleichm??ig; sie tr?umte von zu Hause, wie er pl?tzlich erkannte. Immer gr??er, immer intensiver wurde der Mahlstrom zu dem Gabriels Bewusstsein geworden war; sein Geist begann sich auszudehnen, zuerst nur mit kleinen F?hlern, dann mit gewaltigen Schwingen, er wuchs und wuchs und w?re wom?glich ins Unendliche gewachsen, wenn da nicht pl?tzlich dieser fremde Wille gewesen w?re, der ihn zwang sich zur?ckzuhalten, sich nicht selbst zu verlieren. Gabriel sp?rte wie sein Fokus auf ein ganz bestimmtes Zimmer in der N?he gezwungen wurde, und schlie?lich gab er seinen Widerstand auf und ergoss sich selbst ganz in diesen Raum. Sofort erkannte er dass es Malakai war, der sich dort aufhielt. Seine Existenz, seine blo?e Anwesenheit war wie eine Art von? Wunde in dem Taumel des Lebens, den Gabriel sp?rte. Der Kronossritter war anders als die anderen Menschen die sein Geist ber?hrt hatte; wo bei Hengist, Mirianna oder Diadera das pure Leben pulsierte hatte, mal st?rker und mal schw?cher, war Malakai einfach nur ein gewaltiges dunkles Nichts; eine schwarze Sonne die das Licht des Lebens anzog und es verschlang wie ein Verdurstender den rettenden Schluck Wasser.
Verstehst du jetzt?, dr?hnte es durch seine Gedanken, und dann ? ganz abrupt ? war es vorbei. Er war wieder in seinem eigenen K?rper, der ihm jetzt jedoch zum ersten Mal in seinem Leben mehr wie ein Gef?ngnis denn wie die Quintessenz seiner Selbst vorkam. Hagtys war einige Schritte zur?ckgetreten und beobachtete ihn genau.
Gabriel schwankte, doch er gewann den Kampf mit dem Gleichgewicht. ?Siehst du so die Welt? Durch diese Augen?? Seine Stimme klang br?chiger als er gehofft hatte.
Die Alte nickte. ?Jeden Tag. Jede Stunde. In jedem Augenblick meines Lebens. Alles und Nichts, Jeder und Niemand, es ist alles Eins. Es ist alles das Leben.?
?Nicht? alles, nicht wahr??
Ein L?cheln huschte ?ber das runzlige Gesicht der Hexe. ?Ja, so ist es. Euer Prinz ? das was er in sich tr?gt ? es entzieht sich nicht nur meinem Blick. Es entzieht sich den Regeln des Lebens selbst.?
Langsam und vorsichtig suchte Gabriel Halt am Fenstersims. ?Warum? warum zeigst du mir das, Hexe? Was willst du von mir??
?Es ist wichtig dass Ihr versteht. Ich komme als Bittstellerin, um einen Gefallen zu erbitten.?
Gabriel gab ein unwilliges Ger?usch von sich. ?Was k?nnte ich schon tun das nicht in deiner Macht liegt?? Der Mund der Alten ?ffnete sich um etwas zu erwidern, und etwas trat in ihren Blick das so gequ?lt wirkte dass der Pfeil des Lichts, ungeachtet all des Leids das die Alte ?ber Mara gebracht hatte, unwillk?rlich Mitleid f?r sie empfand. Der Moment kam und ging.
Ihre Rechte wanderte zu ihrem Haaransatz, dann fuhr sie sich damit ?ber das Gesicht als w?rde sie sich waschen. Gabriel wunderte sich kurz ?ber dieses merkw?rdige Gebahren, doch schon kurz darauf wurde sein Erstaunen noch ungleich gewaltiger als er statt in das von den Jahrzehnten gezeichnete Gesicht der alten Hexe pl?tzlich in ein straffes, jugendliches Frauenantlitz blickte. Hagtys hatte sich ver?ndert ? sich gewaltig ver?ndert, und Gabriel sch?tzte dass die Frau die ihm jetzt gegen?berstand keine f?nfundzwanzig Winter gesehen haben konnte.
?Ihr k?nnt tun was ich nicht kann. Ihr k?nnt eine Nachricht f?r mich ?berbringen.?
?Warum sollte ich das tun? Egal ob jung oder alt, du hast Mara diesem Monster aus Urag?n ausgeliefert. Hast du ihren Leichnahm gesehen? Du musst v?llig verr?ckt sein wenn du denkst dass ich einer M?rderin wie dir auch nur im Tr?ume helfen w?rde!? ?Und doch werdet Ihr es tun, denn womit ich zu bezahlen gedenke ist f?r Euch von gr??tem Wert.?
?Du hast nicht das Geringste was mich interessiert, Hexe. Oder kannst du etwa den Toten das Leben schenken? Kannst du das M?dchen zur?ckholen das durch deine Schuld geschunden wurde? Kannst du das?!?
Hagtys senkte kurz den Blick, ehe sie wieder aufsah und Gabriels Augen suchte. ?Ich kann nicht wiedergeben was genommen wurde, aber ich kann Euch die Erf?llung meiner Bitte mit Wissen vergelten. Ich weiss was kommen wird ? denn ich habe es gesehen.? ?Soll das heissen du kannst mit deiner schwarzen Magie die Zukunft vorhersehen? Unm?glich. Solches Wissen ist den G?ttern vorbehalten!?
?Da irrt Ihr Euch, junger Herr. Die G?tter sind nicht ewig. Und sie sind keineswegs zeitlos. F?r sie gelten die Gesetze von gestern, heute und morgen nicht so wie f?r uns Menschen. Aber sie gelten. Denkt Ihr Kronoss h?tte den Verrat seiner Kinder nicht verhindert wenn er ihn der Zukunft erblickt h?tte? Denkt Ihr die Tardukai w?rden rebellieren gegen einen Vater der alles weiss was ist, was war und was sein wird? Nein? da t?uscht Ihr Euch. So wenig wie die G?tter unsterblich sind, so wenig haben sie Macht ?ber Zeit.? ?Und du hast diese Macht, die selbst den G?ttern vorenthalten ist? Denkst du ich bin so leicht zum Narren zu halten?? Das bist du, fl?sterte eine Stimme hinter seiner Stirn die sich an das Gespr?ch mit Cernol erinnerte, aber der Pfeil des Lichts k?mpfte diesen unliebsamen Gedanken nieder.
?Macht, Fluch, Segen, nennt es wie Ihr wollt. Ich kann sehen was sein wird. Und darum wei? ich auch was zu tun ist. Erf?llt meine Bitte, und ich teile mein Wissen mit Euch.?
Gabriel z?gerte. Alles in ihm schrie danach sich einfach abzuwenden und das Angebot des D?mons in Menschengestalt, der vor ihm stand, zu ignorieren. Und doch? sie hatte gro?e Macht, einen winzigen Teil davon hatte sie ihn ja soeben erst erleben lassen, und er zweifelte nicht daran dass ihre wahren F?higkeiten noch um einiges gr??er waren. Sie war f?r Maras Tod verantwortlich, doch wenn sie etwas wusste das helfen konnte in Zukunft Leben zu retten, war er dann nicht dazu verpflichtet sie zumindest anzuh?ren?
__________________ "Optimismus ist, bei Gewitter auf dem h?chsten Berg in einer Kupferr?stung zu stehen und ?Schei? G?tter!? zu rufen."
Feminismus ist nur dazu da, um h?ssliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren." (Charles Bukowski)
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11.03.2005, 14:16 |
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?Also gut. Was w?nschst du??
Aus einer Tasche ihrer Tunika brachte Hagtys einen mit einem Pentagramm versiegelten Brief zum Vorschein und reichte ihn dem Pfeil des Lichts, der den Umschlag unschl?ssig hin und her wendete. ?Was soll ich damit tun??
?Wenn der richtige Moment gekommen ist ? ?bergebt ihn seinem Empf?nger. Ihr werdet wissen wenn es an der Zeit ist ? das ist alles worum ich Euch bitte.?
Gabriel zog mi?trauisch eine Augenbraue hoch. ?Nur das? Nichts weiter??
?Nichts weiter?, best?tigte sie und nickte. ?Werdet Ihr das f?r mich tun??
?Ich wei? nicht warum du diesen Brief nicht selbst ?bergibst, aber gut, wenn das alles ist, so werde ich versuchen deinem Wunsch zu entsprechen.?
Ein Schatten huschte ?ber Hagtys? Gesicht, doch ehe Gabriel eine entsprechende Frage stellen konnte hob sie schon abwehrend die H?nde. ?Also dann ? ich habe Euch Wissen versprochen, und Ihr sollt Wissen erhalten ? und erfahren dass Wissen schlimmer sein kann als die gr??te Unwissenheit.?
?Was meinst du damit, Hexe??
?Ihr habt Malakai gesehen. Ihr habt ihn so gesehen, wie er wirklich ist. Die H?lle eines Menschen, das Innere eines Tardukai. Zw?lf Tardukai gebar Kronoss, jeder eine Inkarnation eines der gro?en ?bel der Menschen. Hass, Zerst?rung, Chaos, Neid, Habgier, Ma?losigkeit, Eifersucht, Selbstsucht, J?hzorn, Herrschsucht, Grausamkeit und Wollust, das ist was sie sind, das ist was sie n?hrt.? Hagtys ? die jugendliche Hagtys ? suchte den Blickkontakt mit Gabriel. ?Die Tardukai treten vielleicht als zw?lf verschiedene H?llen auf, doch letzten Endes sind sie alle Teil eines einzigen Verstandes wenn ihr so wollt; sie alle zusammen bilden einen Geist, und dieser Geist wiederum ist nichts anderes als ein Teilst?ck von Kronoss selbst. Und auf dieser Ebene setzt es sich fort ? auch Kronoss ist nur eine Auspr?gung der Pers?nlichkeit der G?tter an sich. Juturna, Shanka-Pan, Ekhi, selbst der gro?e Herr Aerisos, keiner von ihnen ist das was ihr eine Person nennen w?rdet. Sie sind alle verbunden, verschiedene Facetten ein und desselben Ganzen. Und das ist zugleich auch-?
?Wei?t du was du da sagst?!? unterbrach Gabriel sie, ?das w?rde bedeuten dass Aerisos und Kronoss eins sind! Licht und Dunkelheit, Leben und Tod, Gut und B?se. F?r eine solche Ketzerei w?rden sie dich in Harben ohne zu z?gern aufkn?pfen!? ?Und doch ist es nichts als die Wahrheit. Stellt es Euch vor wie einen Baum: Er hat verschiedene Wurzeln die in unterschiedliche Richtungen streben, doch letzten Endes sind sie alle nur Teil des gro?en Baumes, miteinander verbunden auf Gedeih und Verderb. Und das ist auch der Grund, warum sie Malakai mehr f?rchten als irgendetwas anderes.? Die Hexe blickte forschend in Gabriels Gesicht, und die aufkeimende Erkenntnis darauf schien sie zu belustigen. ?Ich sehe Ihr versteht worauf ich hinauswill, aber lasst es mich weiter ausf?hren: Wie alle anderen Eures Ordens kennt auch ihr sicherlich das Buch der Verhei?ung. Darin steht, dass eines Tages der Adorian kommen wird, um mit Feuer und Blut die herrschende Ordnung der Dinge zu vernichten, und danach wird nichts mehr so sein wie es einmal war.? Gabriel nickte mechanisch. ?Was Ihr aber nicht wisst, Pfeil des Lichts, ist dass dieses Buch einstmals ein Kapitel mehr besa?, in dem genau beschrieben wird was der Adorian tun wird. Er wird die G?tter vernichten und selbst zum Gott aufsteigen. Er wird zum Himmel fahren und seinen Thron ?ber die Sterne erheben. Das und nicht weniger ist es, was Malakai tun wird. Darum f?rchten ihn alle so.?
Gabriel wankte unter den Worten der Frau wie unter Peitschenhieben. Nat?rlich hatte er gewusst dass Malakai anders war; dass er die Zukunft Sleipgards und vielleicht der ganzen Welt ver?ndern w?rde, aber das?? ?Woher? woher willst du das wissen, Hexe? Woher willst du von einem geheimen dreizehnten Kapitel im Buch ver Verhei?ung wissen, wenn noch nichteinmal die Mitglieder des Ordens davon wissen??
Hagtys trat noch einen Schritt n?her und fl?sterte ihm ins Ohr: ?Mein wahrer Name ist Saga?ira d?Orenay. Ich streife seit ?ber vierhundert Jahren durch diese Welt. Ich sah Kaiserreiche entstanden und vergingen, die Jahrzehnte zerrinnen zwischen meinen Fingern wie Sand. Ich kenne Euer Buch der Verhei?ung, und auch jene Ordensleute die nicht wagten das letzte Kapitel bekannt werden zu lassen, denn ich habe es selbst geschrieben als ich noch ein junges M?dchen im Pentagramm der Magier war, lange bevor die Hetzjagd auf die Zauberer begann und sie sich entschieden diese Welt f?r immer zu verlassen. Wenn Ihr so wollt bin ich die Letzte meiner Art.?
Gabriel schluckte hart. Es gab tausende von Dingen die ihm durch den Kopf schossen, hunderte von Fragen die er stellen wollte. Tats?chlich konnte er nur eine ?ber die Lippen bringen. Demonstrativ hob er den Brief an, den Hagtys ? Saga?ira ? ihm gegeben hatte. ?Nicht ganz die Letzte ? habe ich Recht??
Das Gesicht der Hexe erhellte sich einen kurzen Moment. ?Zu einer anderen Zeit, unter anderen Umst?nden, h?ttet Ihr einen hervorragenden Lehrling abgegeben.? Das L?cheln erlosch so schnell wie es gekommen war. ?Aber wir haben jetzt keine Zeit f?r solche Dinge. Es ist wichtig dass Ihr die Tragweite der Entscheidung versteht, die Euch abverlangt werden wird. Malakai wird auf die anderen Tardukai treffen, fr?her oder sp?ter. Das ist unvermeidlich, denn S?tyros ? der Tardukai in ihm, der Letztgeborene ? ist die Personifizierung der Rachsucht. Er wird nicht ruhen bis er seinen Hass auf seine Br?der gestillt hat. Dabei weiss noch nichteinmal er selbst, was passieren wird wenn ein Tardukai einen anderen Tardukai vernichtet ? falls das ?berhaupt m?glich ist. Wie ich schon sagte, sie sind alle miteinander verbunden. Und was geschieht mit einem Baum, wenn seine Wurzeln sich umeinanderschlingen und sich selbst abquetschen??
Gabriel schluckte schwer. ?Der Baum stirbt?? Erneut huschte ein anerkennendes L?cheln ?ber das Gesicht der Hexe.
ENDE von Episode 15
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11.03.2005, 14:17 |
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16 ? Magie
Malakai hatte sie alle zusammengerufen ? Engulf und Deodorn, Hengist und Marianna, Andres und Diadera, und auch Gabriel. Entgegen Gabriels Einw?nden, die Dorfbewohner k?nnten mi?trauisch werden angesichts der schnellen Genesung des Prinzen, hatte der Kronossritter darauf bestanden sie alle am n?chsten Morgen in den Ruinen des Thronbergs zu treffen. Sie fanden ihn im Innenhof der ehemaligen Festung des Nordreichs. An seiner Seite war Hagtys ? nun wieder in ihrer Verkleidung als alte Vettel, wie Gabriel bemerkte ? und winkte sie mit einer Fackel heran. Ohne ein weiteres Wort der Erkl?rung f?hrte die Hexe die kleine Gemeinschaft Zuerst durch die ehemalige Empfangshalle und dann auf verschlungen, ausgebrannten Wegen hinab in die Katakomben unter dem Gem?uer. Gabriel versuchte zun?chst noch die Orientierung zu behalten, doch auf Dauer erwies sich das als aussichtsloses Unterfangen, denn der Thronberg selbst war in seiner jahrhundertelangen Geschichte mehrfach geschleift und wiederaufgebaut worden, wobei die jeweiligen Bauherren sich gar nicht erst die M?he gemacht hatten die alten G?nge zuzusch?tten, sondern sie einfach mehr schlecht als Recht in die neue Konstruktion integriert hatten. So war ?ber die Zeit ein wahres Labyrinth aus G?ngen und engen Windungen entstanden. H?tte der Pfeil des Lichts noch Zweifel an Maras Geschichte ?ber das Eindringen der Kronossritter in den Thronberg gehabt, so w?ren sie sp?testens jetzt verflogen. Es war einfach unm?glich dass irgendjemand alle G?nge hier unten kannte ? einschlie?lich der Geheimg?nge.
?Hier ist es.? Hagtys schob einen uralten Schl?ssel in ein nicht weniger alt aussehendes Schloss, drehte den knarzenden Bart drei- viermal herum, und die T?r schwang auf. ?Immer herein in die gute Stube.?
Malakai folgte ihr ohne zu z?gern. Danach kamen Engulf und sein Sohn Deodorn, beide hatten die Hand an ihren Waffen um den Prinzen vor einer eventuellen Falle der Hexe zu sch?tzen. Danach folgten die anderen Besucher in der Tiefe der Katakomben; Gabriel zuletzt. Ihn besch?ftigte noch immer das Gespr?ch das er mit Saga?ira in der Nacht zuvor gef?hrt hatte. Ohne dass der Pfeil des Lichts genau sagen konntes warum, hatte er das untr?gliche Gef?hl dass die Hexe ihm die Wahrheit gesagt hatte was Malakai betraf. Nicht zuletzt weil sie viel mehr ?ber den Kronossritter zu wissen schien als er selbst. Allein die blo?e M?glichkeit, dass es in Malakais Macht stand nicht nur die anderen Tardukai, sondern sogar die G?tter selbst zu vernichten, das war? das war? be?ngstigend. Ihm fiel kein besseres Wort ein, und er bezweifelte auch dass es ?berhaupt eines gab. Die G?tter standen ?ber den Menschen. Sie hatten sie erschaffen, sie wachten ?ber sie und urteilten nach ihrem Tod ?ber sie. Fand ein Mensch Gnade vor den Augen eines Gottes, so lie? ihn dieser in sein jeweiliges Paradies ein, wo man dann eins wurde mit der Gottheit. Was, so fragte Gabriel sich pl?tzlich, w?rde dann mit den Seelen all der Menschen geschehen die gestorben und zu den G?ttern aufgefahren waren, wenn Malakai ihre Existenz beenden sollte? W?rde ihre unsterbliche Seele dann einfach verschwinden ? aufh?ren zu existieren?
Ein mehrstimmiger Laut des Erstaunens lie? Gabriel aus seinen Gedanken hochschrecken. Mit wenigen S?tzen war er in dem Raum angelangt und sah sich um. Das Kellergew?lbe hier war mit einem Strohlager, einem Schreibtisch, zwei St?hlen und einigen Regalen voller seltsamer Dinge best?ckt, sodass der Gedanke nahe lag dass es sich dabei um Hagtys? pers?nliches Zimmer handelte. Hengist und Engulf standen mit offenen M?ndern vor drei Statuen, die ins Zentrum des Raumes ger?ckt worden waren, und die das Abbild von zwei M?nnern und einer Frau darstellten. Ihre K?rper waren seltsam verzerrt, die H?nde der Frau waren vor?s Gesicht geschlagen, einen der M?nner hatte der Bildhauer mit weit aufgerissenem Mund geschaffen, als ob die Figur gerade etwas br?llen wollte.
Gabriels suchender Blick glitt von den drei Statuen hin?ber zu Malakai, der mit gewohnt ausdruckslosen Augen ebenfalls die Figuren musterte. Deodorn und Andres warfen sich verwirrte Blicke zu, w?hrend aus Miriannas Gesicht alle Farbe gewichen war. Etwas schien mit den Statuen nicht zu stimmen, bemerkte Gabriel, denn die ?lteren starrten wie gebannt die Kunstwerke ohne einen Ton zu sagen. Der Pfeil des Lichts wollte gerade eine entsprechende Frage stellen, als Hagtys an ihm vorbei und auf Malakai zutrat. Aus einer Falte ihres Gewandes zog sie einen Dolch, und f?r den Bruchteil einer Sekunde hatte Gabriel Angst dass die Hexe den Prinzen angreifen k?nnte, doch fast ebensoschnell erinnerte er sich an das Gespr?ch vom gestrigen Abend. Hagtys w?rde es nicht wagen, Malakais Tod zu riskieren, und dieser sah das wohl genauso, denn mit einer schicksalsschweren Geste hob er die rechte Hand und hielt sie der Hexe hin.
Da Gabriel unmittelbar hinter Hagtys stand konnte er ihren Gesichtsausdruck nicht lesen, wohl aber konnte er die blanke Abscheu in Malakais Augen erkennen als die alte Frau seine Hand ergriff. Sie wollte offenbar einen Schnitt ?ber seine Handfl?che t?tigen ? warum auch immer -, doch der Prinz hielt sie zur?ck. In seiner Stimme lag eine Eisesk?lte die selbst f?r den stets k?hlen Nordlandprinzen ungewohnt war. ?Denk an unsere Abmachung, Hexe. Wenn du sie brichst wird es der letzte Verrat in deinem viel zu langen Leben sein.?
Die Antwort bestand nur aus einem ver?chtlichen Schnauben, dann fuhr die Klinge quer ?ber Malakais Handfl?che, und ein rotes Rinnsal brach sich blutige Bahn. Die anderen Anwesenden wurden allm?hlich unruhig, besonders Deodorns Hand tanzte auff?llig oft um die Scheide des Messers, das er am G?rtel trug.
Langsam ? beinahe ehrf?rchtig, und ohne mit der Linken Malakai loszulassen ? sammelte Hagtys einige Tropfen von dessen Blut in ihrer zu einer Schale geformten Rechten. ?Endlich? nach so langer Zeit?? Sie zerrten den Kronossritter einige Schritte mit sich, bis sich die beiden im Zentrum der Statuen befanden. Dann betr?ufelte sie jede der kunstvoll gehauenen Figuren mit einigen Tropfen Blutes, noch immer ohne Malakai freizugeben. ?Der Schl?ssel steckt im Schlo? dann wollen wir ihn herumdrehen.? Die Alte schloss ihre Augen und begann unverst?ndliche Dinge vor sich hin zu murmeln. Und dann geschah etwas, das allen Versammelten mit Ausnahme von Malakai und Hagtys erstaunte, ja fast schon erschrockene Ausrufe entlockte: Der feste, glatte Stein aus dem die Statuen gehauen zu sein schienen, l?ste sich auf. Zuerst begann es mit kleinen Rissen in der Oberfl?che, die sich dann schnell ausbreiteten wie bei einem gefrorenen Fluss dessen Eisdecke auseinanderbrach. Zuerst nur vereinzelt, dann an vielen Stellen begannen St?cke aus der Steinhaut - denn um eine solche handelte es sich zweifellos - herauszubrechen.
Gabriel kam jedoch nicht mehr dazu, dem magischen Schauspiel weiter zu folgen, denn ein zorniger Aufschrei Malakais zog seine Aufmerksamkeit auf sich. Der bislang so k?hle Kronossritter hatte die Z?hne gefletscht und zerrte offenbar mit aller Kraft an seinem Arm; doch trotz der Gabriel wohlbekannten ?bermenschlichen Kraft des Prinzen gelang es ihm nicht, sich aus Hagtys? Griff zu befreien. Mit einer Kraft die unm?glich nat?rlichen Ursprungs sein konnte hielt die Alte Frau sein Gelenk umklammert. Und dann realisierte Gabriel auch, was den Kronossritter in Rage versetzt hatte: ausgehend von der gefangenen Hand begann sich allm?hlich eine steinerne Haut ?ber Malakai auszubreiten.
?Was tust du, Hexe?!? Die Stimme des Nordlandprinzen klang so ungew?hnlich aufgeregt, dass Gabriel in h?chstem Ma?e alarmiert war.
?Was getan werden muss um Euch aufzuhalten. Ihr st?rt die nat?rliche Ordnung der Dinge? und nicht nur daf?r werde ich Euch bestrafen.?
Wie wild zerrte Malakai, dessen kompletter rechter Arm nun bereits versteinert war, an der Alten um sich zu befreien, aber es n?tzte nichts. Der Blick des Kronossritters irrte umher ? und heftete sich in den Gabriels. Beinahe ohne sein Zutun stolperte dieser einige Schritte auf die beiden zu. Obwohl sie ihm den R?cken zuwandte herrschte Hagtys ihn an: ?Bleibt wo Ihr seid. Ihr d?rft ihm nicht helfen. Erinnert Euch an das was ich gesagt habe. Es steht zu viel auf dem Spiel!? Der Pfeil des Lichts hielt inne.
?Gabriel.? In den Augen des Kronossritters las der Pfeil des Lichts eine tobende Mischung aus rasender Wut und auswegloser Hilflosigkeit. Inzwischen hatte der unheimliche Zauber schon die gesamte rechte K?rperh?lfte des Prinzen erfasst. War das die schwerwiegende Entscheidung von der Hagtys am Abend zuvor gesprochen hatte? Die Entscheidung ?ber die Kreatur die Malakai war und deren Taten vielleicht die Welt aus ihren Angeln heben w?rden? Das war? keine Wahl die er treffen wollte, treffen konnte. Und ?berhaupt ? warum griff niemand von den anderen Anwesenden ein? Zum Beispiel Deodorn, der mehr als einmal davon gesprochen hatte der Alten ihre Hexereien heimzuzahlen?
Aber? war dieser Gedanke nicht feige? War es nicht ungerecht, anderen eine Entscheidung aufzub?rden die er selbst nicht zu f?llen wagte? Ja. Hagtys hatte Recht. Dies war seine Wahl, er allein konnte sie treffen. Und er traf sie.
Ohne weiteres Z?gern packte er die Alte unter den Achseln und riss sie gewaltsam zwei Schritte in seine Richtung. Sofort sprengte Malakai den Panzer aus Stein, der sich auf seinen K?rper gelegt hatte, und noch ehe Gabriel auch nur ansatzweise realisiert hatte was geschah war er bei ihnen angelangt. In seiner Hand blitzte ein Dolch auf. Etwas spr?hte auf Gabriels Hand, wie warme Gischt oder wie der Regen im Mai in der Stadt der Schl?ssel von Zeit zu Zeit. Der ganze K?rper der Alten wurde mit einem Male warm, und wurde immer noch heisser, so dass der Pfeil des Lichts schlie?lich Hagtys von sich sto?en musste als er die Hitze nicht l?nger ertrug. Weisses Licht brach ?berall aus ihrem Leib hervor. In einer letzten, angestrengten Bewegung wandte sie den Kopf zu ihm um. Aus dem Schnitt an ihrer Kehle drang kein Blut, nur glei?endes, helles Licht. Ihr Blick war f?r Gabriel nicht zu deuten, er wusste nicht ob es Anklage oder Beschwichtigung, Fluch oder Vergebung war das er in ihren Augen las. Dann, als die Hitze kaum noch auszuhalten und das Licht l?ngst so hell geworden war dass er sich abwenden musste um nicht zu erblinden, war es pl?tzlich vorbei. Hagtys war verschwunden, und der Pfeil des Lichts fand sich im schummrigen Halbdunkel des Thronbergs wieder.
Mit einem Male f?hlte er sich sehr m?de? m?de und ausgelaugt. Sein Blick begegnete dem Malakais. Die Augen des Sleipgardprinzen waren wie so oft ausdruckslos. Wenn es stimmte dass die Augen das Fenster zur Seele eines Menschen waren, dann waren diese Fenster aus undurchsichtigem blauen Glas gemacht.
Der Pfeil des Lichts machte Anstalten etwas zu sagen, doch Malakai schnitt ihm mit einer raschen Geste das Wort ab und bedeutete ihm, sich umzudrehen. Tats?chlich hatte Gabriel w?hrend des nur wenige Augenblicke dauernden Kampfes zwischen dem Prinzen und der Hexe v?llig vergessen dass ausser ihnen Dreien auch noch der Wirt Engulf und sein Sohn Deodorn, sowie Hengist und Marianna, Andres und Prinzessin Diadera mit ihnen in das Gew?lbe hinabgestiegen waren. Dennoch hatte keiner von ihnen Anstalten gemacht in das Handgemenge einzugreifen, obwohl sich doch gerade der junge Deodorn seit Maras Tod als der pers?nliche Leibw?chter des Prinzen zu sehen schien.
Des R?tsels L?sung war schnell gefunden: Wo vorher sechs Personen hinter ihm gestanden hatten, waren es nun derer neun. Verschwunden waren die Statuen die zuvor noch die Mitte des Raumes eingenommen hatten, denn das war es was Hagtys? Ritual bewirkt hatte: Die Statuen waren lebendig geworden! Mehr noch: Als Gabriel einen der beiden M?nner erblickte warf er hastig einen Blick ?ber die Schulter um sich zu vergewissern dass Malakai noch immer hinter ihm stand, denn der Mann vor ihm war schien trotz fortgeschritteneren Alters nahezu sein Ebenbild zu sein.
Und dann verstand er. Hastig tat Gabriel es den anderen Anwesenden, mit Ausnahme von Malakai und Prinzessin Diadera, gleich und fiel auf die Knie. ?Mein K?nig?, hauchte er.
* * *
__________________ "Optimismus ist, bei Gewitter auf dem h?chsten Berg in einer Kupferr?stung zu stehen und ?Schei? G?tter!? zu rufen."
Feminismus ist nur dazu da, um h?ssliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren." (Charles Bukowski)
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Jagon
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Aus seinem Fenster konnte Gabriel sehen wie sehr die Menschenmenge angewachsen war, die sich vor Hengists Haus gebildet hatte. Obwohl es nach wie vor ungemein kalt war, und sogar von Zeit zu Zeit Schnee fiel, harrten die Thorner drau?en aus, um zu erfahren was es mit den Ger?chten um die R?ckkehr des K?nigs auf sich hatte. Und nicht nur sie: Gabriel entdeckte viele neue Gesichter unter den Wartenden, wie etwa einen blonden, ganz in Felle gekleideten H?nen, oder eine kleine Gruppe von M?nnern in traditioneller Hirtentracht. Wie ein Lauffeuer musste sich die Nachricht ausgebreitet haben.
Gabriel verharrte noch zwei, drei Sekunden, dann wandte er sich ab und machte sich auf den Weg in das Esszimmer, das zu den provisorischen Gem?chern f?r K?nig Beowulf und seine Gattin Desdemona hergerichtet worden war. Man hatte ihn rufen lassen, der K?nig wollte mit ihm sprechen. Das verwunderte nicht weiter, denn in den Katakomben des Thronbergs hatte niemand wirklich die Gelegenheit gehabt sich eingehend mit dem K?nigspaar oder dem dritten Erwachten zu unterhalten. Malakai hatte seine Eltern einzig mit einem kurzen Blick bedacht, ehe er herumfuhr und zur Oberfl?che hinaufstieg. Auch die K?nigin ? eine ausgesprochen sch?ne Frau die auf die f?nfzig zuging, mit blauschwarzem Haar und ebenso dunklen Augen ? hatte darum gebeten, an die frische Luft zu kommen, und so hatten Hengist und Engulf die kleine Schar zur?ck nach Thorn gef?hrt und im Haus des B?rgermeisters untergebracht.
Vor der T?r standen Andres und Deodorn mit grimmiger Miene, bereit Jeden abzuwehren der ohne eingeladen worden zur sein zum K?nigspaar vorsto?en wollte. Den Pfeil des Lichts aber lie?en sie respektvoll passieren, Andres ?ffnete ihm sogar die breite, zweifl?gelige T?r und schloss sie hinter ihm wieder.
Gabriel fand sich in einem erstaunlich gro?en Raum wieder. Mirianna hatte ganze Arbeit geleistet in der kurzen Zeit die ihr geblieben war um das Esszimmer wohnlich zu gestalten: ein breites Sofa stand einladend vor dem prasselnden Kamin; ein breites Bett nahm den hinteren Teil des Zimmers ein; um einen kunstvoll verzierten Sekret?r in der Mitte gruppierten sich einige nicht minder kunstvoll verzierte St?hle.
Als er eintrat erhob sich der alte K?nig Beowulf von dem Sofa auf dem er mit seinem Weib gesessen hatte und eilte mit weit ausgreifenden Schritten auf ihn zu. Er mochte gute zehn Zentimeter gr??er sein als sein Sohn, davon abgesehen jedoch war Malakai ihm wie aus dem Gesicht geschnitten. Eigentlich, so fand Gabriel, gab es nur einen eklatanten Unterschied zwischen ihnen: Beowulf l?chelte ihn warm und aufrichtig an.
?Ihr m?sst Bruder Gabriel sein, der Pfeil des Lichts aus Vandrien.?
Einen Moment lang suchte Gabriel nach Worten, doch noch ehe er etwas erwidern konnte bedeutete der ?ltere ihm sich auf einen der bereitstehenden St?hle zu setzen. Beowulf nahm ihm gegen?ber Platz. Ein Gedanke schoss Gabriel durch den Kopf: Wenn ihm vor nur zwei Monden jemand prophezeiht h?tte, dass er sich eines Tages nicht nur von dem Orden abwenden, sondern auch noch mit dem von einem Tardukai besessenen Prinzen von Sleipgard durch die Lande ziehen und dessen seit zwanzig Jahren vermissten Vater befreien w?rde... Und nicht nur das, jetzt sa? er auch noch mit einem K?nig an einem Tisch. Wer h?tte gedacht, dass einem Fl?chtlingskind aus dem Nordreich ein so seltsamer Lebensweg beschieden sein w?rde? Niemand. Das hie?... niemand, ausser Hesekiel vielleicht...
?Ich habe mich ?ber Euch erkundigt ? es macht Euch doch nichts aus wenn ich auf das k?nigliche ?wir? verzichte?? Der ?ltere sah ihn augenzwinkernd an, mit einem v?terlichen L?cheln das ihn Gabriel sofort sympathisch machte.
?Wie es Euch beliebt, mein K?nig.?
?Das ist gut ? und es f?hrt mich auch gleich zu dem Grund warum ich Euch zu mir bat. Ich?wir?, verbesserte er sich nach einem entschuldigenden Blick zu seiner K?nigin, die etwas abseits auf dem Sofa sa?, aber jedes Wort verfolgte das sie austauschten, ?w?rden Euch gerne einige Fragen stellen, wenn es Euch nicht unbehaglich ist.?
?Mein Wissen ist das Eure?, entgegnete der Pfeil des Lichts, und meinte es auch so. Es gab sicherlich eine Unzahl an Fragen die das K?nigspaar hatte ? wie etwa warum der Thronberg in Schutt und Asche lag, oder weshalb das K?nigreich auch nach zwanzig Jahren noch nicht in geordnete Bahnen zur?ckgekehrt war, oder wo sich der Graf von Urag?n befand. Doch tats?chlich war die erste Frage eine v?llig andere.
?Was k?nnt Ihr mir ?ber meinen Sohn erz?hlen??
Gabriel sah ?berrascht auf, denn mit dieser Frage, so naheliegend sie auch war, hatte er nicht gerechnet. Immerhin war zwischen ihrer Befreiung und diesem Gespr?ch einige Stunden verstrichen, und er hatte angenommen dass das K?nigspaar gleich als erstes mit Malakai gesprochen hatte.
Seine Verwunderung entging auch Beowulf nicht. Der alte Mann seufzte, tauschte einen kurzen Blick mit Desdemona aus und machte eine hilflose Bewegung mit den H?nden. ?Ich habe versucht mit ihm zu sprechen, ihn gebeten zu uns zu kommen. Er hat mich nicht einmal beachtet.? Aus den Worten des alten K?nigs konnte Gabriel deutlich den Schmerz heraush?ren, den dieser versp?rte. ?Er ist mein Sohn, daran besteht kein Zweifel. Ich kann es ebenso sp?ren wie meine K?nigin. Und trotzdem weigert er sich mit uns zu reden, sucht nicht unsere N?he nach all dieser Zeit die wir getrennt waren.? Scheinbar unbewusst gestikulierte der ?ltere mit der Hand. ?Ich hoffe dass Ihr in der Lage seid mir sein Verhalten zu erkl?ren, denn von den D?rflern kannte ihn keiner vor seiner Ankunft vor einigen Tagen. Ihr aber seid mit ihm gereist, wie man mir berichtet. Bitte?, f?gte er beinahe flehentlich hinzu, ?Ihr seid meine letzte Hoffnung. Erz?hlt mir was Ihr ?ber ihn wisst.?
Gabriel fing einen Blick von K?nigin Desdemona auf. Bei jeder Anderen h?tte er erwartet dass Verzweiflung und Verwirrung darin zu lesen gewesen w?ren; dass ihr Blick ihn h?tte erahnen lassen wie qualvoll es f?r Eltern sein musste, sich in einer derartigen Situation zu befinden. Dass ein Fremder ihr eigenes Kind besser kannte als sie selbst...
Tats?chlich jedoch hatte sich die K?nigin hervorragend in der Gewalt. Mit keinem Muskelzucken verriet sie ihre Emotionen ? so sie denn welche besa?. Jeder, egal in welchem der vier Reiche, wusste dass Desdemona von Sleipgard die einzige leibliche Tochter von Kaiser Hieronymus II. war.
Ihr heutiger Gatte war derjenige gewesen, der ein Rebellenheer zum Sieg ?ber die imperialen Armeen gef?hrt, die vier Dynastien wiedererrichtet und die alte Ordnung wiederhergestellt hatte. Trotzdem hatte man ihn kurz darauf auf Betreiben seines eigenen Vaters Fredegar und durch K?nigin Elleiira von Vandrien, geleitet durch schlechte Ratgeber in die Verbannung des ewigen Labyrinths unter der Stadt der Schl?ssel verurteilt. Dasselbe Schicksal traf auch die Tochter des Kaisers, von der man bef?rchtete dass ihre Gefangenschaft in einem herk?mmlichen Verlie? ein allzu verlockendes Ziel f?r Befreiungsversuche durch imperiale Loyalisten dargestellt h?tte. ?ber die Zeit die Beowulf und Desdemona im Labyrinth verbrachten gab es zahllose Ger?chte. Gabriel hatte sich f?r dieses Gew?sch nie sonderlich interessiert, doch selbst er h?tte ohne nachzudenken mindestens ein Dutzend verschiedene Versionen ihrer Flucht aus dem Labyrinth vortragen k?nnen.
?Ich traf Euren Sohn zum ersten Mal vor etwas mehr als einer Woche in einer Absteige in Zorskrygg. Seine Spur allerdings hatte ich... hatten wir schon sehr viel fr?her aufgenommen.?
Unverst?ndnis spiegelte sich auf den Gesichtern des K?nigspaares, und so begann Gabriel ganz am Anfang der Geschichte. Er gab sich M?he nichts auszulassen oder zu besch?nigen. Selbst das was Mara ihm ?ber ihren Traum berichtet hatte gab er wieder. K?nig Beowulf erwies sich als sehr angenehmer Zuh?rer. Gelegentlich stellte er Fragen oder nickte bed?chtig mit dem Kopf. Erst als Gabriel von Maras Traum erz?hlte und davon wie der Tardukai seinen Pakt mit dem Neugeborenen schloss hatte der K?nig sichtlich M?he das Geh?rte zu begreifen. Trotzdem forderte er Gabriel auf auch den Rest zu erz?hlen, und so berichtete der Pfeil des Lichts von ihrer Ankunft in Thorn, Maras Verschwinden und Tod, Malakais blutigem Kampf mit dem Sohn des Ebers und schlie?lich auch von Saga'ira, der Hexe die sich Hagtys genannt hatte.
Seine Erz?hlungen dauerten fast zwei Stunden, und die anschlie?enden Fragen die er dem K?nigspaar beantwortete nocheinmal so lange. Schlie?lich entschuldigte K?nig Beowulf ihn mit dem Hinweis das soeben Erfahrene erst einmal verdauen zu m?ssen, und Gabriel nahm seinen Abschied.
* * *
?Sie war meine Gef?hrtin ? vor langer Zeit.? Gabriel schreckte hoch, griff noch in derselben Bewegung nach seinem Schwert und schlug die Decke des Bettes zur?ck.
?Wer ist da?? Unter der T?r hereindringendes Licht tauchte den Raum in eine d?mmrige Beleuchtung und erm?glichte es ihm, die Gestalt schnell auszumachen die sich auf dem Stuhl am Schreibtisch niedergelassen hatte.
?Ich weiss dass Ihr sie get?tet habt. Doch f?rchtet Euch deswegen nicht. Ich werde Euch keine Vorw?rfe machen, denn ich weiss dass sie Euch keine andere Wahl lie?. Im Gegenteil, ich bin derjenige der Euch vom Vergebung bitten muss?, kam es statt einer Antwort. Ohne den Fremden aus den Augen zu lassen glitt Gabriel aus dem Bett, bekleidet nur mit seinem Schlafgewand. ?Ihr redet von Saga'ira? Der Hexe??
?Hexe?! T?richter Bauernbengel, was f?llt dir-? Der Andere brach ab, seufzte und sch?ttelte dann den Kopf. ?Verzeiht. Ich wollte Euch nicht beleidigen. Es ist nur so dass ich in der Zeit die der gro?en Verbannung voranging zu oft solche Schimpfw?rter gegen meinesgleichen ertragen musste. Eines aber lasst mich Euch sagen: Saga'ira ? wenn das der Name war den sie Euch nannte ? war einst die Ratsherrin des grauen Pentagramms. Ihre Macht war so gro? dass selbst der Kaiser es nicht wagte, Hand an die Magier zu legen solange sie unter uns weilte.? Er erhob sich aus dem Sessel, aber nicht ohne dass Gabriel sich zwischen ihn und die T?r schob, das Schwert entschlossen in seine Richtung gehalten.
?Macht Euch keine Sorgen mein Junger Freund ? ich will Euch kein Leid antun.?
?Eure gesch?tzte Ratsherrin war da weniger zur?ckhaltend. Durch ihre Schuld starb eine Freundin!? Der Pfeil des Lichts war selbst ?berrascht davon, dass seine Stimme so belegt klang bei der Erinnerung an Mara, aber er schob es darauf dass er bis soeben noch geschlafen hatte.
?Das weiss ich, und es tut mir Leid. Ihr habt mein vollstes Mitgef?hl f?r den Tod des M?dchens, und er ist durch nichts zu entschuldigen. Vielleicht macht es ihn jedoch ertr?glicher f?r Euch, wenn ihr mich erkl?ren lasst warum Saga'ira tat was sie tat.?
?Woher wollt Ihr das wissen? Wer seid Ihr?
Der Fremde machte eine komplizierte Geste mit der rechten Hand, und pl?tzlich war Helligkeit wie von einer Fackel um ihn herum. Gabriel erkannte in ihm den Mann, der zusammen mit dem K?nigspaar im Thronberg geschlummert hatte.
?Ich bin Arcorius, Sohn des Ramagan. Ein Magier, wie Saga'ira. Ich war derjenige, der um einer alten Schuld willen versuchte Sleipgards K?nig und seinen Nordstern zu besch?tzen. Bei dem heiligen Stein habe ich versagt, und die Ma?nahme die ich ergriff um den K?nig und die K?nigin zu retten f?hrte letztlich zum Tode Eurer Freundin. Es tut mir leid.?
Gabriels Gedanken ?berschlugen sich. Arcorius musste der Magier sein den Mara in ihrem Traum gesehen hatte; derjenige der Malakai aus den Flammen gerettet und in die Obhut des Kronossordens gegeben hatte. ?Es... ich verstehe nicht wie Ihr das meint. Erkl?rt Euch.? Der Pfeil des Lichts hatte seine Klinge um einige Grad nach unten sinken lassen; gerade genug um sein Verhalten nicht mehr als unmittelbare Drohung erscheinen zu lassen ? auch wenn er genug Vertrauen zu sich selbst hatte dass es ihm gelingen w?rde den Magier zu durchbohren sollte dieser etwas Feindliches versuchen.
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?Es war das Feuer. In jener Nacht, als ich einen Trupp von... Soldaten in den Thronberg f?hrte, um den K?nig zu retten, brach ein Feuer aus. Wir wurden von ihm eingeschlossen, und ich sah keine andere M?glichkeit mehr als unser Fleisch in Stein zu verwandeln, um zu verhindern dass es vom Feuer verzehrt wird.?
?Ihr wollt sagen... Ihr habt Euch das selbst angetan? Euch und ihnen? Zwanzig Jahre ihres Lebens als steinerne Statuen in einem feuchten Verlie? herumzustehen?? Gabriel sch?ttelte mi?billigend den Kopf, doch sein gegen?ber nickte nur.
?Ja, so ist es. Wenngleich man dabei anf?hren muss dass unsere K?rper zwar gealtert sind, wir davon jedoch nichts bemerkten. F?r den K?nig und die K?nigin ist es so als ob all diese Ereignisse erst gestern stattgefunden haben. Aber lasst mich zu Ende erz?hlen: Ich war also gezwungen unsere Beschaffenheit zu ver?ndern um uns ein ?berleben zu erm?glichen, doch ein Versteinerungszauber ist eine zweischneidige Sichel. Ich wusste dass ich auf diese Art und Weise unser Leben retten konnte, doch Stein ist Stein. Wer eine solche Gestalt annimmt, der kann sich nicht aus eigener Kraft zur?ckverwandeln. Es bedarf eines anderen Magiers um das zu tun. Das - und einen Schl?ssel mit dem man den Zauber sozusagen verschlossen hat. Ich weiss nicht ob Ihr verstehen k?nnt was ich meine, aber es ist so: Der Schl?ssel enth?lt f?r den Kundigen alle Informationen die er braucht, um den Zauber umzukehren.? Arcorius unterstrich seine Ausf?hrungen hin und wieder mit hektischen Gesten. Gabriel konnte sich den Anderen gut als Dozenten vor einer Klasse von Sch?lern vorstellen. ?Leider hatte ich keinen Gegenstand zur Hand von dem ich sicher sein konnte dass er das Feuer ?berstehen w?rde, also w?hlte ich das als Schl?ssel aus was ich zuletzt ber?hrt hatte, und von dem ich ?berzeugt war dass es den Abend ?berstehen w?rde. Das war-? Gabriel unterbrach ihn mit der L?sung.
?Malakai.?
?Der junge Prinz, ganz Recht. Irgendwie muss Saga'ira sich das zusammengereimt haben, denn sonst st?nde ich heute nicht hier vor Euch. Der Prinz war der Schl?ssel, und sie hat ihn benutzt.?
Gabriel sah in eine Weile lang an und wartete darauf dass Arcorius mit seinen Ausf?hrungen fortfuhr, doch diese starrte musterte ihn nur von oben bis unten. Schlie?lich brach der Pfeil des Lichts das unangenehme Schweigen. ?Seid Ihr hier um Euch f?r ihren Tod zu r?chen? Sie starb nicht durch mein Schwert, aber wenn Ihr einen Schuldigen daf?r sucht, so bin ich Euer Mann.?
Einen Moment lang verd?sterte sich das Gesicht des Magiers, und Gabriel packte unwillk?rlich sein Schwert fester. Dann aber sch?ttelte Arcorius den Kopf. ?Ihr tatet was getan werden musste. Ich habe Erkundigungen eingeholt, unter anderem auch von einem Jungen Mann namens Deodorn. Ich h?tte an Eurer Stelle nicht anders gehandelt.?
Es fiel dem Magier sichtlich schwer diese Worte zu sprechen, doch Gabriel hatte keinen Zweifel daran dass sie ehrlich gemeint waren. Pl?tzlich erinnerte er sich daran, dass Saga'ira ihn in der Nacht vor Ihrem Tod ja um etwas gebeten hatte.
?Wartet kurz.? Aus einer Schublade des Schreibtisches kramte der Pfeil des Lichts den Brief hervor den die Hexe ihm anvertraut hatte. Rasch vergewisserte er sich dass das Siegel nicht erbrochen war und reichte ihn Arcorius.
Der Magier nahm das Pergament ganz vorsichtig an sich, wie ein Vater der zum ersten Mal sein Neugeborenes in die Arme nahm. ?Ich danke Euch. Es... bedeutet mir sehr viel dass ihr meiner Gef?hrtin diesen letzten Dienst erwiesen habt. Nicht jeder h?tte an Eurer Stelle soviel Anstand gehabt.? Noch ehe Gabriel etwas erwidern konnte hatte Arcorius sich bereits erhoben und wandte sich zum Gehen.
?Habt eine ruhige Nacht, Kommandant. In den Wochen die vor uns liegen werdet ihr all Eure Kraft noch ben?tigen.? Mit diesen Worten trat der Magier vor die T?r zu Gabriels Zimmer ? und durch sie hindurch. Der Pfeil des Lichts hatte nicht den geringsten Zweifel daran, dass die beiden Wachen auf der anderen Seite noch nichteinmal bemerkt hatten dass Arcorius ?berhaupt dagewesen war.
* * *
K?nig Beowulf von Sleipgard fand seinen Sohn bei den Stallungen des Gasthauses. Der Prinz war in eine Serie kompliziert aussehender Schwert?bungen vertieft und lie? sich nicht anmerken ob er den Zuschauer bemerkt hatte. Beowulf dachte kurz nach, dann trat er mit schweren Schritten zu Malakai. ?Was hat ein Vater verbrochen dass sein eigener Sohn seine Gesellschaft flieht? Zwanzig Jahre mussten wir darauf warten wieder vereint zu werden, und nun gehst du mir aus dem Weg. Welches Leid ich dir auch immer angetan haben mag, Worte k?nnen nicht beschreiben wie sehr ich es bedauere.?
Malakai f?hrte noch einige Hiebe gegen seine imagin?ren Gegner aus, dann hielt er inne, mit dem R?cken zu seinem Vater. Einen Moment sah es so aus als wollte er etwas sagen, aber dann machte er Anstalten wegzugehen.
?Oh nein, diesmal nicht.? Beowulf lie? ger?uschvoll sein Schwert aus seiner Scheide fahren. Es war zwar nicht Hjalmir, aber Engulf hatte ihm eine gute Klinge als Ersatz beschafft. Mit ihr machte er nun einige schnelle Schritte nach vorn und f?hrte einen senkrechten, nicht ganz ungef?hrlichen Hieb gegen Malakai.
Der Kronossritter wich fast beil?ufig einen Schritt nach rechts aus ohne anzuhalten, doch vier weitere Hiebe des K?nigs zwangen ihn zu immer neuen Ausweichman?vern. Den f?nften Streich schlie?lich parierte Malakai mit Hjalmir, das wie von selbst in seine Hand gesprungen zu sein schien. ?Wenn Ihr den Tod sucht dann macht so weiter, alter Mann.? Seine Stimme war eisig und schneidend, aber Beowulf gab sich unbeeindruckt. ?Wenn ich dich nicht anders dazu bringe mir ein wenig Zeit zu widmen dann, eben auf diese Art. Verteidige dich.?
Der K?nig machte einen Ausfallschritt und lie? seine Klinge nach Malakais Bein z?ngeln. Der Kronossritter war einen Moment lang ?berrascht ?ber die ohne R?cksicht ausgef?hrte Attacke und stolperte ein wenig nach hinten. Dann aber fing er sich wieder und ging mit selbstverst?ndlicher Ruhe in Verteidigungshaltung.
Beowulf umringte seinen Gegner langsam, w?hrend er nach einer Schwachstelle in seiner Verteidigung suchte. ?Wusstest du dass ich selbst einmal an deiner Stelle war? Auch ich war schoneinmal gezwungen gegen meinen Vater zu k?mpfen. Ich war jung, und ein Narr der glaubte die Regeln nach denen diese Welt funktioniert ?ndern zu k?nnen. Mein Vater war damals K?nig unter Kaiser Hieronymus, und als die Rebellion losbrach lie? er mich entf?hren und nach Sleipgard zur?ckschleppen.? Beowulf hielt kurz inne und taxierte sein Gegen?ber. ?Kannst du dir vorstellen wie es ist, den eigenen Vater t?ten zu m?ssen??
Malakai blickte auf. Eisig erwiderte er: ?Vielleicht finde ich das heute noch heraus.?
Ein L?cheln huschte ?ber das Gesicht des K?nigs. ?Vielleicht. Deine Mutter und ich haben viel dar?ber nachgedacht warum du uns meidest, aber schlie?lich war es dieser Pfeil des Lichts der mich auf die Antwort brachte. Es ist das M?dchen, nicht wahr?? Malakai zuckte kurz zusammen. Dann schloss sich seine Hand fest um Hjalmir und mit zwei Windm?hlenschl?gen drang er auf seinen Gegner ein.
Beowulf versuchte gar nicht erst die wuchtigen, von Zorn getragenen Hiebe zu parieren, sondern begn?gte sich damit immer weiter zur?ck zu weichen.
?Ich nehme das als Ja. Du hast ihr einen Eid geleistet. Du solltest sie sicher nach Rand?al?tor bringen, aber du hast versagt.? Die Stimme des K?nigs war ohne Vorwurf, er machte lediglich eine Feststellung, doch Malakais Reaktion bestand in noch w?tenderen Attacken. So stark waren seine Hiebe, dass der K?nig es wann immer m?glich vermied, sie zu parieren. ?Sie war nicht deine Geliebte oder eine enge Freundin. Sie war nicht mehr f?r dich als jeder andere dem du auf deinem Weg begegnet bist. Ihr Tod reut dich nur aus einem Grunde, nicht wahr? Du hast versagt, und du wei?t es!?
Beowulf wusste dass er den Bogen ?berspannt hatte, noch ehe er das feurige Leuchten in den Augen seines Sohnes sah. Hjalmir zischte links und rechts neben ihm durch die Luft, sein eigenes Schwert wurde ihm aus der Hand geschleudert und flog meterweit davon. Ein gezielter Fu?tritt Malakais warf ihn schlie?lich zu Boden. Keuchend stemmte der K?nig sich auf die Unterarme, konnte sich jedoch nicht aufrichten, da ihn Hjalmir - auf seine Kehle gerichtet ? dazu zwang unten zu bleiben.
?Ich habe Recht, nicht wahr? Dieses Gef?hl bei einer wichtigen Pflicht versagt zu haben? du bist besch?mt.? Beowulf lie? die Worte kurz wirken, und erwartete halb dass Malakai ihm nun die Kehle durchschnitt, doch der Kronossritter stand nur da und sah auf ihn herab. ?Ihr wisst nicht wovon Ihr redet, alter Mann.?
?Oh doch, das weiss ich genau. Viel besser als mir lieb ist. Ich habe in meinem Leben oft versagt, viel zu oft. Menschen sind gestorben weil ich die falsche Entscheidung traf, den falschen Leuten vertraute, mich falsch verhielt. Meine gr??te S?nde war dass ich den Nordstern nicht besch?tzen konnte.? Der K?nig machte eine bedeutungsschwere Pause. ?Du siehst: Ich versage jeden Tag. Manchmal in gr??eren Dingen, manchmal nur in ganz unwichtigen. Sicher gibt es viele M?nner die besser sind als ich, aber auch sie machen Fehler.? Mit dem Handr?cken schob der K?nig die Klinge von seinem Hals. ?Wir sind deine Eltern. Ich bin dein Vater. Ich werde dich nicht versto?en nur weil du den Tod dieses M?dchens nicht verhindern konntest. Aber ich bin auch dein K?nig, und als dieser verlange ich von dir dass du dabei hilfst den Schleier des Todes von meinem Reich zu nehmen der zu auf ihm liegt.?
Der K?nig streckte seinen Arm nach oben, und nach einigem Z?gern ergriff Malakai ihn unterhalb der Hand und halb seinem Vater hoch.
?Sehr gut.? Beowulf l?chelte. ?Und jetzt stellen wir dich deiner Mutter vor.?
* * *
In den n?chsten Tagen geschah nur wenig von Interesse. Hin und wieder wurde Gabriel zum K?nig gerufen; meist um ihm von den Ereignissen in den letzten zwanzig Jahren zu erz?hlen, wobei er sich besonders f?r Elleiira von Harben zu interessieren schien. Angesichts der Tatsache dass Diaderas Mutter den Nordlandk?nig verraten hatte spielte er eine Zeit lang mit dem Gedanken, ihm ihre Herkunft zu verschleiern, doch die Prinzessin nahm ihm die Entscheidung ab als sie sich von selbst zu erkennen gab. Gabriel hatte zun?chst die Bef?rchtung gehabt dass Beowulf oder Desdemona w?tend sein w?rden, doch tats?chlich hatten sie die junge Frau ausgesprochen herzlich willkommen geheissen und vebrachten in der Folge viel Zeit mit ihr.
Dem Pfeil des Lichts war das in doppelter Hinsicht sehr recht, denn zum Einen war Diadera geduldiger und auch weit besser ?ber die Lage in den Reichen informiert, und zum Anderen wurde es ihm auf diese Weise leicht gemacht die N?he der Prinzessin zu meiden. Ihm war klar dass der Tag kommen w?rde an dem er sich mit ihr und seinem eigenen Gef?hlschaos w?rde besch?ftigen m?ssen, aber zun?chst war er ganz froh dar?ber sich mit anderen Dingen ablenken zu k?nnen.
Und tats?chlich gab es genug Kleinigkeiten auf die er sich konzentrieren konnte. Da war zun?chst das Problem der Unterkunft f?r die Neuank?mmlinge. Unmittelbar nach Malakais Ankunft in Thorn mussten die Bewohner Boten in alle Richtungen losgeschickt haben, die die Wiederkehr des Prinzen verk?ndeten. Sp?testens aber seit die Nachricht die Runde machte dass der K?nig selbst zur?ckgekehrt war str?mten jeden Tag mehr Menschen in die ehemalige Hauptstadt um das Wunder mit eigenen Augen zu sehen.
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Sagoth ? ehemals Hauptmann der Sleipgarder Eisfalkengarde ? hatte die Aufgabe ?bernommen, alle Wehrf?higen unter den Neuank?mmlingen auszusieben und aus ihnen eine Miliz zum Schutz der Stadt zu machen. Teilweise gestaltete sich dies als schwierig, den viele hatten in den Jahren der Isolation und der Plage durch die D?monen die Sleipgard heimsuchten gelernt, nur sich selbst zu vertrauen. Eine Truppe aber stand und fiel nuneinmal mit dem Zusammenhalt und der Disziplin ihrer Mitglieder. Gabriel erwog, Sagoth seine Hilfe in dieser Angelegenheit anzubieten, entschied sich letztlich aber dagegen. Engulf der Wirt erz?hlte ihm eines Abends davon dass Sagoth bei dem gro?en Brand Weib und Kinder verloren hatte, und dass er fortan sein Heil im Alkohol suchte. Mit der Ankunft Malakais aber hatte der S?ufer urpl?tzlich seiner Sucht abgeschworen, und Gabriel wollte nicht daf?r verantwortlich sein dass der Hauptmann sich unzul?nglich f?hlte und sich wieder dem Suff zuwandte.
Stattdessen war er dazu ?bergegangen, t?glich f?r eine Stunden durch die Ruinen des Thronbergs zu ziehen und sich das einst so imposante Bauwerk Meter f?r Meter anzusehen. Einen Gro?teil des ehemaligen Palastes hatte das Feuer vernichtet. Einige R?umlichkeiten waren jedoch irgendwann in den letzten Jahren wiederhergerichtet worden, um Graf Mordechai von Urag?n und seinen Truppen als Behausung zu dienen. Nach dem was Gabriel in Erfahrung gebracht hatte war Mordechai vor etwas mehr als drei Jahren mit einer Gefolgschaft von etwas ?ber hundert Mann nach Thorn gekommen und hatte sein Lager im Thronberg aufgeschlagen. Die D?rfler hatten zun?chst angenommen dass der Eber nur auf der Durchreise war, doch stattdessen hatte er begonnen Nahrungsmittel aufzukaufen und Vorr?te anzulegen.
D?rfler und Soldaten hatten nur wenig miteinander zu tun, doch man brauchte einander: Ohne die Bauern und Hirten Thorns w?ren Urag?ns Soldaten verhungert, w?hrend Thorn durch die Anwesenheit von einhundert Mann unter Waffen einen betr?chtlichen Sicherheitsgewinn verzeichnen konnte.
Gabriel ?berlegte. Es musste einen Grund daf?r gegeben haben dass Mordechai Urag?n verlassen hatte. Die Baronie war nicht besonders gro?, und Mordechais Streitmacht musste mehr als die H?lfte seiner stehenden Truppen repr?sentieren ? Truppen die w?hrend ihrer Abwesenheit nicht in der Lage waren Angriffe von D?monen oder Banditen abzuwehren. Was also war Urag?n so wichtig gewesen dass er dieses Risiko eingegangen war? Oder, f?gte Gabriel seinen ?berlegungen eine weitere Alternative hinzu, war es vielleicht vielmehr so Mordechai aus irgendwelchen Gr?nden aus seiner Baronie hatte fliehen m?ssen?
Von Zeit zu Zeit blitzte in einem entfernten Winkel seines Ged?chtnisses Erkennen auf als er durch Hallen und Flure kam die er in seiner Kindheit schon einmal gesehen hatte. Der Pfeil des Lichts erinnerte sich nur undeutlich an die Zeit vor der Flucht oder an seine Eltern, doch je mehr Zeit er in den ausgebrannten Steinmauern verbrachte, desto mehr Erinnerungsfetzen kehrten zu ihm zur?ck.
Hin und wieder leistete Andres ihm Gesellschaft, und Gabriel lernte den Eifer und vor allem den scharfen Verstand des Sohnes des B?rgermeisters zu sch?tzen. W?re er unter normalen Umst?nden ? also mit Bibliotheken, Tempeln und Schulen ? aufgewachsen, so h?tte aus ihm mit Sicherheit ein herausragender Gelehrter werden k?nnen.
Es war w?hrend einem dieser Ausfl?ge als ein pausbackiger Junge sie aufsuchte und ihm die Nachricht ?berbrachte dass der K?nig ihn zu sehen w?nschte. Der Pfeil des Lichts machte sich sofort auf den Weg, und er fand den K?nig zusammen mit seiner Frau, Arcorius, Hengist, Engulf, Sagoth, Diadera und Malakai zusammen im gro?en Esszimmer von Engulfs Haus, das als provisorischer K?nigssitz diente. Beowulf wies ihm den Platz zu seiner Rechten zu, und Gabriel ? ?berrascht dass diese Ehre nicht an Malakai gegangen war ? nahm ihn an.
Er hatte sich kaum richtig gesetzt als auf ein Nicken des K?nigs hin Engulf eine gro?e Karte auf dem Tisch entrollte. Aus einer kleinen Kiste kamen mehrere Holzfiguren und geschnitzte Symbole zum Vorschein. Der Pfeil des Lichts verstand sofort was vor sich ging. Es war ein Kriegsrat. K?nig Beowulf schritt zur Tat.
__________________ "Optimismus ist, bei Gewitter auf dem h?chsten Berg in einer Kupferr?stung zu stehen und ?Schei? G?tter!? zu rufen."
Feminismus ist nur dazu da, um h?ssliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren." (Charles Bukowski)
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12.04.2006, 21:56 |
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Jagon
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17 ? Kriegsrat
?Zweihundert Mann unter Waffen aus Thorn, davon sechzehn aus der Eisfalkengarde und zweiundrei?ig aus der sleipgardischen Armee. Dazu noch eine Handvoll ehemaliger Stadtgardisten. Die restlichen hundertvierzig Krieger sind unsere jungen Leute die wir ausgebildet haben.? Engulf stellte zwei wei?e Soldatenfiguren auf die Karte, direkt unterhalb der Abbildung von Thorn. ?Sie m?gen noch jung an Jahren sein und noch nie einen richtigen Kampf erlebt haben ? aber wir haben sie vorbereitet, Majest?t. Und wenn das allein nicht reicht ? durch ihre Adern flie?t immer noch Nordmannblut!?
Beowulf nickte anerkennend. ?Daran zweifle ich nicht. Wieviele noch?? Hengist erhob sich von seinem Stuhl, nickte Engulf kurz zu und griff ebenfalls in die Kiste mit den Figuren. ?F?nfzig waffenf?hige M?nner von den H?fen in der n?heren Umgebung. Die meisten haben noch nie ein Schwert in der Hand gehalten, aber mit einer Sense in der Hand kennen sie sich aus. Und jeden Tag treffen Neuank?mmlinge aus jedem Winkel Sleipgards in Thorn ein. Die Kunde von Eurer Wiederkunft hat sich verbreitet, Herr. Mag sein dass es keine Barone oder Grafen mehr gibt die uns Soldaten stellen k?nnen, aber daf?r str?men uns die einfachen Leute aus freien St?cken zu. Sie kommen von den Bergen im Norden, von den Feldern im Osten und Westen und aus der Tundra im S?den. Alle kommen sie um den Eisfalken in alter Pracht zu erblicken!? Der Wirt, der fr?her einmal Offizier der kaiserlichen Garde gewesen war, stellte drei weitere Figuren auf die Karte. ?Sagoth??
Der so Angesprochene erhob sich, neigte kurz das Haupt vor K?nig Beowulf und trat dann ebenfalls an die Kiste mit den Figuren. W?hrend er mehrere schwarze herausnahm sch?ttelte Gabriel wieder einmal ungl?ubig vor Staunen den Kopf ?ber die Ver?nderung die mit dem alten Mann vorgegangen war. Bei seiner und Malakais Ankunft ? und Maras! ? war Sagoth ein stets betrunkener alter S?ufer gewesen, mit ungek?mmtem grauem Haar und der rotdurchbluteten Nase wie man sie nur auf die Pocken oder ein ganzes Leben im Suff zur?ckf?hren konnte. .
Die ungesunde Gesichtsfarbe war geblieben, aber das Haar war nun kur kurz geschoren, der Bart ordentlich gestutzt und Sagoth trug frische, saubere Hosen und ein strahlend wei?es Hemd. Es war, fand der Pfeil des Lichts, als w?re Sagoth ein Suchender gewesen der gar nicht wusste wonach er suchte im Leben ? bis es ihn fand, in Gestalt von Malakai und seinem Vater. Der ehemalige Hauptmann der Eisfalkengarde war f?rmlich aufgebl?ht seit er wieder gebraucht wurde. Seit es wieder K?mpfe auszutragen gab, korrigierte Gabriel sich, und war sich auf einmal gar nicht mehr so sicher dass er diesen Grund wirklich gut hei?en wollte. Das Ergebnis vielleicht, ja, aber nicht den Grund. Krieg war immer h?sslich, f?r die die k?mpften und sich solange gegenseitig die Glieder abhackten genauso wie f?r die Frauen die alleine zu Hause blieben und im Fr?hjahr alleine die Saat ausbringen, im Herbst alleine die Ernte einbringen mussten.
Zumindest schien es so als ob auch der K?nig sich des Leids bewusst war das er ?ber seine Untertanen zu bringen im Begriff war, und daf?r bewunderte Gabriel ihn. M?nner - oder Frauen - auf m?chtigen Posten tendierten dazu zu vergessen dass jede ihrer Entscheidungen auch Auswirkungen auf das Schicksal der kleinen Leute haben konnte. Eben jetzt gerade sa? im alten Weinkeller des Gasthauses ein solcher Mann. Gabriel hatte sich schon ?fter vorgenommen noch einmal hinabzusteigen und mit Cernol zu reden, doch der Pr?lat verweigerte sich jedem Gespr?ch seit Diadera einmal bei ihm gewesen war. Der Pfeil des Lichts wusste nicht was die Prinzessin zu dem Gefangenen gesagt hatte, aber es war mit Sicherheit nichts gewesen was diesem gefallen hatte.
?Zweihundert. Mehr k?nnen es nicht sein, eher weniger, aber gehen wir f?r den Anfang von zweihundert aus.? Sagoth stellte zwei schwarze Soldaten in die Gegend von Rand?al?thor. Die Karte schien schon ?lter zu sein, denn es fand sich darauf kein Hinweis dass das himmlische Tor l?ngst geschleift worden war und in Tr?mmern lag. Esekhiel und Gabriel hatten es selbst gesehen als sie auf ihrer Reise nach Sleipgard daran vorbeigekommen waren.
?Au?erdem?? Sagoth griff erneut in die Kiste und stellte eine unscheinbare kleine Figur zwischen die wei?en Figuren die das Hauptheer des K?nigs darstellte. Niemand sagte etwas, aber allen am Tisch war klar worauf er hinauswollte: Der Graf von Urag?n war kein Dummkopf. Mit Sicherheit hatte er daf?r gesorgt dass sich unter den Neuank?mmlingen die Beowulfs Heer jeden Tag zustr?mten auch seine eigenen Informanten befanden.
?Zweihundert also?? Beowulf strich sich bed?chtig durch den Bart den er sich in den letzten Tagen hatte wachsen lassen, und der einige graue Str?hnen aufwies. ?berhaupt schien der K?nig in den letzten Tagen um Jahre gealtert zu sein, und Gabriel war sich nicht sicher ob das nur mit den Vorbereitungen f?r den Heerzug zusammenhing. Dabei wusste Gabriel noch nicht einmal genau wie alt der K?nig wirklich war ? oder auch nur wie er die Jahre h?tte z?hlen sollen.
?Zweihundert also?, wiederholte er und sah dann von seinem Platz am Ende des Tisches jedem seiner Ratgeber ins Gesicht. ?Es gab Zeiten da f?hrte ich viele tausend Soldaten in die Schlacht. Sicher, es war ein vereinigtes Heer aus allen Teilen der Welt das da in die Schlacht gegen Kaiser Hieronymus zog, aber trotzdem? nie h?tte ich mir tr?umen lassen dass das Schicksal meiner Heimat sich in einer Schlacht zwischen Zweihundert auf der einen Seite und vielleicht Dreihundert auf der anderen entscheiden w?rde.? Der K?nig legte seine Stirn in Falten, dann brummte er: ?Das ist gut. Wo nur f?nfhundert Mann sind k?nnen nur f?nfhundert sterben. Auch wenn jeder Tote schon einer zuviel ist beruhigt es mich doch in gewisser Weise. Euch nicht, General??
Es dauerte einige Herzschl?ge lang bis Gabriel begriff dass der K?nig ihn damit gemeint hatte. ?Herr! Nein, ich? Herr? nein?? er geriet ins Stocken und blickte hilfesuchend in die Reihe der Anwesenden, doch w?hrend Hengist ihn angrinste und Sagoth und Engulf zustimmend nickten erntete er von Diadera nur ein aufmunterndes L?cheln und einen teilnahmslosen Blick von Malakai. Dabei hatte er erwartet dass gerade der Kronossritter als Sohn und Erbe des K?nigs f?r sich die Ehre der Heerf?hrung in Anspruch genommen h?tte.
Andererseits: Es war Malakai, und Gabriel wusste besser als irgendwer sonst: Wenn es zu einer Schlacht kam, und Malakais Blut zu brennen begann, w?rde der Tardukai in ihm es ihm unm?glich machen k?hlen Gem?tes M?nner zu befehligen, Reihen zu verschieben und Verst?rkungen ins Feld zu schicken. Nicht dass er da in sich selbst gr??eres Vertrauen gehabt h?tte?
Und Sagoth, Hengist und Engulf? Sie hatten weit mehr Erfahrung, das war offensichtlich. Ebenso offensichtlich war aber auch ihr Alter. Diadera kam ohnehin nicht in Betracht, ebenso wenig wie der Magier des K?nigs, dieser Arcorius.
Beowulf schien seine Gedanken erraten zu haben: ?Ich kann eine Armee auch alleine in die Schlacht f?hren wenn es sein muss. Aber ich kann sie nicht alleine aufstellen, ausbilden, disziplinieren und marschieren lassen. F?r all diese Dinge brauche ich einen f?higen Mann an meiner Seite. Seid ihr an meiner Seite, Gabriel??
Wortlos erhob sich der Pfeil des Lichts und verneigte sich. ?Was in meiner Macht steht werde ich tun!?
Beowulf gestattete sich ein v?terliches L?cheln. ?Dann werdet Ihr die Nachtmahr sein die den Grafen von Urag?n in seinen Tr?umen heimsucht.?
?Was immer Ihr befehlt, Herr.?
* * *
Der Heeresrat dauerte noch fast drei Stunden lang. In allen Einzelheiten wurden Marschrouten aufgestellt und wieder verworfen, lange Kolonnen an Vorr?ten aufgez?hlt und eingeteilt, Aufgaben zugewiesen und zahllose Kleinigkeiten geregelt, von denen jedoch im Ernstfall jede bei ihrer Nichtbeachtung zu einem Scheitern des Kriegszugs f?hren konnte.
Gabriel als einer der j?ngsten an der Tafel hielt sich zun?chst noch merklich zur?ck, doch da Beowulf ihn bei allen wichtigen Entscheidungen um seine Ansicht bat wurde der Pfeil des Lichts mehr und mehr in die Planungen einbezogen. Immer wieder warf Gabriel einen forschenden Blick zu Malakai, der die Ganze Zeit nur dasa? und teilnahmslos die Debatte verfolgte. Konnte es sein dass der bevorstehende Kampf mit dem Grafen von Urag?n den Kronossritter gar nicht interessierte? Und noch ein anderer Gedanke kam ihm: Beowulf hatte seinen Sohn gar nicht ?bergangen; er hatte ihn gefragt. Vermutlich hatte er ihn sogar gebeten das Kommando zu ?bernehmen, aber Malakai hatte abgelehnt. Gabriel konnte nicht sagen woher er das wusste, aber je l?nger der Rat ging desto sicherer war er sich.
Es war gegen Ende ihrer Besprechung ? Diadera hatte sich l?ngst unter dem Vorwand einer Unp?sslichkeit verabschiedet, aber Gabriel glaubte dass sie sich einfach nur zu Tode gelangweilt hatte bei den Berechnungen dar?ber wie viel S?cke voll Mehl dreihundert Soldaten am Tage ben?tigen w?rden ? als Malakai die erste und einzige Regung w?hrend ihres Treffens zeigte. Sein Vater hatte gerade auf zwei Voraustrupps gezeigt und sie als ihre Speerspitze bezeichnet, als Malakais Augen gro? wurden vor Staunen, sich seine rechte Hand zur Stirn hob und der Sleipgardprinz pl?tzlich und v?llig unvermittelt zu lachen anfing. Es war ein surrealer Laut, der absolut nicht zu dem Bild von ihm passen wollte das Gabriel im Kopf hatte.
Alle am Tisch wandten sich ihm zu, doch die fragenden Blicke der Versammelten schienen Malakais unerwartet gute Laune nicht ersch?ttern zu k?nnen. ?Wann ist ein Schwert kein Schwert?? Noch immer lachend erhob sich der Kronossritter aus seinem Stuhl und ging zur T?r. Niemand wagte das Wort an ihn zu richten. ?Wann ist ein Schwert kein Schwert? Oh ihr listigen Teufel??
Gabriel und Beowulf tauschten einen kurzen Blick, und der j?ngere nickte verstehend. ?Mit Eurer Erlaubnis, Herr, w?rde ich die Versammlung gerne beenden. Es ist schon sp?t.?
Beowulf nickte nur, und Gabriel eilte hinter Malakai her.
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26.10.2006, 13:24 |
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Jagon
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Er fand den Prinzen wenige Schritte von der Haust?r entfernt im Schatten einer alten schneebedeckten Ulme. Gabriel wusste nicht recht wie er das Gespr?ch beginnen sollte, also sagte er einfach das was ihm gerade durch den Kopf ging: ?Wann ist ein Schwert kein Schwert? Ist das ein R?tsel, Herr??
Zuerst schien Malakai ihn gar nicht zu h?ren, aber dann drehte er sich doch zu ihm um und sah ihn an. Das L?cheln war von seinen Lippen verschwunden und hatte einem nachdenklichen Gesichtsausdruck Platz gemacht, der in Gabriels Vorstellung fast ebenso wenig zu Malakai passen wollte wie sein ungew?hnlicher Ausbruch guter Laune kurz zuvor.
?Du wei?t warum ich ausgeschickt wurde? Warum ich ?berhaupt gerettet und vom Orden des Kronoss erzogen wurde?? Gabriel setzte zu einer Antwort an, aber Malakai beantwortete sich die Frage gleich selbst. ?Du kennst die heiligen Schriften. Zwar nicht so wie ich, der ich die M?glichkeit hatte sie in ihrer unverf?lschten Fassung zu lesen, aber das ist unwichtig, denn die wirklich wichtige Information ist selbst den Zensoren eurer Vierg?tter-Gelehrten entgangen.? Der Kronossritter hob den Zeigefinger und bewegte ihn nach rechts, so als folge er den Zeilen eines auf unsichtbares Papier geschriebenen Textes. Als er fortfuhr sprach er in Muatha, der uralten Sprache der Gelehrten. ?Es wird kommen der Adorian, mit Flamme und Tod, er wird suchen und finden das Schwert der H?lle, Azrador, und so er es gefunden zerschmettert er die S?ulen der Welt.?
Gabriel nickte unwillk?rlich. Nat?rlich kannte auch er diesen Passus aus dem Buch der Prophezeihungen; sie beschrieben die Ankunft des Adorian ? der letzten Inkarnation des b?sen Gottes Kronoss ? und wie er mit dem Schwert der H?lle das Ende aller Tage einl?uten w?rde. Und er hatte auch keineswegs jenen schicksalhaften Tag in der Kathedrale vergessen, als Bernard ihm mit seinem letzten Atemzug nachgerufen hatte ?Denkt an meine Worte: Er ist Malakai, er ist der Adorian, und Ihr k?nnt ihn nicht aufhalten. H?rt Ihr, Gabriel? Ihr k?nnt ihn nicht aufhalten!?
?Warum erz?hlt Ihr mir das, Herr??
Malakai drehte seine H?nde und wandte ihm die Handfl?chen zu. ?Ich h?tte es wissen m?ssen als die wei?e G?ttin sagte dass ich das Schwert noch in derselben Nacht finden k?nnte wenn ich nur nicht mein Pferd wenden und Mara, dich und deinen Vetter vor dem Tardukai retten w?rde. Sp?testens aber nach dem was Saga?ira mir enth?llte h?tte ich es verstehen m?ssen. Das Schwert, Gabriel!? Langsam zog der Prinz Hjalmir aus der Scheide und lie? es eine Weile im Mondlicht funkeln. ?Wann ist ein Schwert kein Schwert, Gabriel??
?Ich weiss es nicht, Herr. R?tsel?, f?gte er z?gernd hinzu, ?waren nie meine St?rke. Ich wette Esekhiel h?tte es euch in Windeseile gel?st, aber mein Verstand ist zu langsam um den vielen Irrungen von R?tseln zu folgen.?
?Dann verrate ich dir die L?sung.? Ein letztes Mal lie? Malakai die Klinge t?nzeln, dann warf er sie achtlos zu seinen F??en. ?Ein Schwert ist dann kein Schwert wenn es scharf ist wie eine Klinge, wenn es ohne Ansehen von Gut oder B?se zerteilt was immer sich ihm in den Weg stellt, aber dabei nicht aus Stahl geschmiedet ist.?
Gabriel hatte ein unangenehmes Gef?hl, aber noch war ihm die L?sung dieses R?tsels nicht ganz klar. Das schien auch der Prinz zu bemerken, denn er machte eine unwirsche Geste und deutete auf sich selbst. ?Verstehst du es jetzt? Erst mein Vater hat mich darauf gebracht als er von seiner Speerspitze redete. Das H?llenschwert ? Azrador ? es war immer in meiner N?he und doch nie greifbar. Ich k?nnte noch bis in alle Ewigkeit jeden noch so entlegenen Winkel Sleipgards durchk?mmen und es doch niemals finden ? denn es ist l?ngst hier. Ich bin es. Ich bin Azrador. Ich bin das Schwert das Kronoss geschmiedet hat um seine Feinde zu Fall zu bringen. Ist dir klar was das bedeutet??
Gabriel legte den Kopf in den Nacken und schloss die Augen. Er f?hlte sich mit einem Male unbeschreiblich m?de und ausgelaugt.
* * *
Sie kamen aus allen Himmelsrichtungen angestr?mt.
Bevor er mit Esekhiel aus Harben aufgebrochen war hatte Gabriel zugegebenerma?en nur eine sehr verschwommene, bestenfalls alptraumhafte Vorstellung von ihrer ehemaligen Heimat gehabt: Ein Land das seit zwanzig Jahren im Chaos verharrte, in dem Monster und M?rder umgingen und dem man kleine Kinder zur Folgsamkeit mahnen konnte. ?Wenn du nicht spurst schicke ich dich nach Norden!?
Sp?testens als sie die Ruinen von Rand?al?Tor passiert hatten und einige Tagesritte weit nach Sleipgard vorgesto?en waren hatten sie erkannt dass die Vorstellungen in Harben nur zum Teil der Wirklichkeit entsprachen: Nat?rlich gab es all die schlimmen Dinge die man sich hinter vorgehaltener Hand zufl?sterte ? diese, und noch weit schlimmere auf die niemand sie vorbereitet hatte ? aber es gab auch eine ganz andere Seite des gefallenen Nordreichs. Kleine Siedlungen, Geh?fte, Katen am Waldesrand, deren Bewohner sich weigerten den Ort ihrer Geburt zu verlassen nur weil sie keinen Lehnsherrn oder F?rsten mehr ?ber sich hatten der sie besch?tzen konnte. Nicht ?berall waren sie freundlich empfangen worden, aber fast ?berall fiel der Abschied ausgesprochen herzlich aus, und Gabriel erinnerte sich dass ihn damals eine Art irrationalen Volksstolzes erf?llt hatte ob der einfachen Leute die sich weigerten die Flucht zu ergreifen wenn um sie herum alles in Dunkelheit versank. Anders als du, fl?sterte eine geh?ssige Stimme in seinem Kopf, aber er beachtete sie kaum. Damals war er zu jung gewesen um irgendetwas f?r seine Leute zu tun, und dar?ber hinaus h?tte er es auch gar nicht gewagt Esekhiel zu widersprechen nachdem dieser an die Stelle seines Vaters getreten war und es ?bernommen hatte ihre kleine Familie nach Vandrien in Sicherheit zu bringen.
Jetzt waren es eben diese rechtschaffenen Leute, die Haus und Hof und Weib verlie?en um sich auf den teils langen und gef?hrlichen Weg nach Thorn zu machen. Jeden Tag scharten sich mehr und mehr M?nner um das Eisfalkenbanner. Manche hatten ihr Lebtag nicht mehr als einen Dreschflegel in der Hand gehabt ? allerdings war das eine absolute Minderheit. Das, dachte Gabriel s?uerlich, kam ihnen nun zugute: Wer heute noch in Sleipgard am Leben war, der verstand in den allermeisten F?llen mit einer Waffe umzugehen.
Beowulfs R?stmeister ? ein kleiner Mann mit einem frettchenhaften Gesicht und allen Attributen die charakteristisch f?r eine Kr?merseele waren - machte sich zumeist gar nicht die M?he den M?nnern Waffen zuweisen zu lassen, denn sowohl der K?nig als auch Gabriel waren darin einig dass die Zeit nicht ausreichte um eine disziplinierte Armee zu formen die ausschlie?lich aus Schwert- und Speerk?mpfern sowie Bogensch?tzen und Reiterei bestand. Der Pfeil des Lichts hoffte inst?ndig dass die alte Kriegsweisheit sich auch in diesem Fall bewahrheiten w?rde: Ein Freier Mann, der seine Heimat verteidigt, ist f?nf gedungene Klingen wert.
Gabriel kannte dergleichen nicht nur aus B?chern, sondern hatte als junger Akolyth bei einem Bauernaufstand in Bakkanaii selbst erlebt wie eine aufgebrachte Menge selbst die diszipliniertesten Stadtkohorten Mikakos zur?ckdr?ngen konnte.
Vielleicht w?re ihm wohler gewesen wenn er sich sicher gewesen w?re dass Mordechai von Urag?n nur auf Soldaten zur?ckgreifen konnte, aber die Berichte die die Neuank?mmlinge vor allem aus dem S?dwesten jeden Tag mitbrachten lie?en darauf schlie?en dass allerlei unheimliche Monster die Gegend um Rand?al?Tor unsicher machten, vielleicht sogar mit dem Grafen paktierten. Das egalisierte Gabriels zahlenm??igen Vorteil wieder, und war noch dazu eine unkalkulierbare Gefahr f?r die Moral seiner Truppen. Wer miterleben musste wie sich der Mann neben ihm von gr?nem Schleim bedeckt die Seele aus dem Leib herausbr?llte vor Schmerzen, w?hrend sein Fleisch sich von den Knochen sch?lte, der war vielleicht schneller in Versuchung Schild und Speer fallen zu lassen um sein Heil in der Flucht zu suchen. Und Gabriel konnte es niemandem verdenken.
* * *
Als das Heer des K?nigs auf nahezu dreihundert Mann angewachsen war, und der t?gliche Strom der Neuank?mmlinge zu versiegen begann, brach der Heerzug auf. W?re es nach Beowulf und Gabriel gegangen so h?tten sie das Ende des Winters abgewartet, denn beiden war klar dass die nach wie vor vorhandene Schneedecke ein Vorankommen ebenso erschweren w?rde wie K?lte und Feuchtigkeit die Ausbreitung von Krankheiten beg?nstigten, aber sie hatten keine Wahl. Thorn war seit dem Fall der Festung nur noch ein k?mmerliches Zerrbild seiner einstigen Gr??e, und nicht nur bot es keinen Raum f?r dreihundert Soldaten; auch konnte es eine so gro?e Zahl an M?nnern nicht ern?hren ohne daf?r auf das dringend f?r den Fr?hling ben?tigte Saatgut zur?ckzugreifen.
Widerstrebend hatte Gabriel daher Sp?her ausgesandt, und als sie zur?ckkamen berichteten sie dass die Wege nach S?den zwar verschneit aber begehbar waren. Daraufhin gab Beowulf den Befehl zum Aufbruch, und so geschah es.
Die wenigen Berittenen die sie hatten bildeten die Vor- und Nachhut. Hinter ihnen marschierten die disziplinierten Eisfalken-Gardisten am vorderen und die Soldaten der sleipgarder Armee am Hinteren Ende, so dass sie die unerfahrenen und wenig ausgebildeten Miliztruppen sowie die Karren mit den Vorr?ten in relativer Gesch?tztheit zwischen ihnen hatten. Gabriel war zun?chst dagegen gewesen dass sie Thorn mit nur zehn Mann als Schutz zur?cklie?en, aber nachdem Malakai reglos und unaufgeregt wie stets verk?ndet hatte dass es in der Umgebung keine D?monen mehr gab hatte der K?nig seine Entscheidung getroffen. R?ckblickend gestand Gabriel sich ein dass die beiden Recht hatten: Zwar wusste er nicht welcher Art das Band war welches Malakai und die D?monen des Nordens verband und das es ihm erlaubte ihre An- oder Abwesenheit zu sp?ren, aber es machte durchaus Sinn dass die H?llenkreaturen ihre Reviere verlie?en und sich ihrerseits ebenfalls auf den Weg nach Rand?al?Tor machten. Denn dort, soviel war allen klar, w?rde sich das Schicksal Sleipgards entscheiden: Siegte K?nig Beowulf ?ber Mordekai und seine Leute, sowie ?ber die Schrecken die dem Grafen von Urag?n dienten, dann w?rden auf mittlere Sicht wieder Ordnung und Sicherheit unter dem Eisfalkenbanner einziehen. Gabriel wusste zwar nicht welche Motivation Mordekai hatte, aber das Ansinnen der D?monen war nur zu offensichtlich. So m?chtig sie auch sein mochten: dass sie die letzten zwei Dekaden unbehelligt ihr Unwesen treiben konnten verdankten sie allein dem Chaos und dem Mangel an F?hrung und Organisation der Nordleute. Ihr Ziel konnte es daher nur sein den K?nig, die K?nigin und den Prinzen zu t?ten, und mit ihnen jeden Gedanken an organisierten Widerstand.
Zuerst aber w?rden sie Gabriel t?ten m?ssen, dachte dieser grimmig und zog seinen Mantel enger um sich w?hrend er seine M?nner durch den Schnee stapfen sah. Sleipgard war erwacht, und der Alptraum w?rde enden.
ENDE von Episode 17
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26.10.2006, 13:24 |
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18 ? Beowulf
Eines Nachts ? seit ihrem Aufbruch aus Thorn mochten zehn Tage vergangen sein ? bat Beowulf Gabriel, Arcorius und Malakai in sein Zelt. K?nig Beowulf erwies sich als ein kluger Herrscher, der sich in vielen Fragen beraten lie?, am Ende aber stets alle Entscheidungen selbst traf, und so war es an sich nicht weiter ungew?hnlich dass er die drei zu sich kommen hie?. Diesmal jedoch hatte er sie nicht in das K?nigszelt gebeten ? ein spartanisch eingerichtetes rundes Zelt in dem ein provisorischer Thron vor einem anderthalb Meter hohen Eisvogelwappen stand ? sondern in das wesentlich kleinere Zelt das der K?nig mit seiner K?nigin teilte. Desdemona war nicht anwesend oder sie hielt sich im hinteren, durch eine leinene Trennwand geteilten Teil des Raumes auf. In einem Kohlebecken in der Mitte des Zelts verbreiteten hei?e Kohlen eine angenehme W?rme, und erm?glichten es Gabriel und dem Zauberer die F?ustlinge abzulegen und die wollenen Umh?nge ?ber einen bereitstehenden St?nder zu h?ngen. Malakai legte keine Kleidungsst?cke ab ? er trug ohnehin keine besonderen Winterkleider, sondern nur das silberne Kettenhemd, die Kettenhandschuhe unter Lederf?ustlingen und den zerschlissenen schwarzen Umhang ohne die Gabriel ihn noch nie gesehen hatte. Und auf dem R?cken ? nat?rlich ? Hjalmir, den Trollt?ter. Die beiden Wachen am Eingang hatten im allerersten Moment sichtbar ?berlegt ob sie die Besucher dazu auffordern sollten die Waffen abzulegen bevor sie das Zelt des K?nigs betraten, aber ein Blick in Malakais eisiges Gesicht hatte wohl gen?gt sie von diesem Vorhaben Abstand nehmen zu lassen.
Beowulf sa? auf einem Schemel vor dem Kohlebecken und starrte in das rote Gl?hen. Das r?tliche Licht verst?rkte noch einen Eindruck, den Gabriel schon l?nger gewonnen hatte: Der K?nig alterte, und das nicht nur im ?bertragenen Sinne. Tats?chlich schien es so als ob die Zeit nun mit aller Macht das nachholen wollte was dem K?nigspaar in den Jahrzehnten ihrer Versteinerung erspart geblieben war.
Bei ihrem Eintreten erhob Beowulf sich, begr??te jeden von ihnen und wies ihnen Hocker zu. Arcorius lie? sich mit einem zufriedenen St?hnen langsam auf den Schemel sinken, aber Gabriel wurde den Eindruck nicht los dass in seinem Fall die vorgebliche Gebrechlichkeit des alten Zauberers nur gespielt war. Tats?chlich vermutete der Pfeil des Lichts sogar dass Arcorius weit ?lter war als jeder von ihnen ? und noch ?ber die Welt streifen w?rde wenn Gabriels Ur-Ur-Enkel l?ngst zu Staub zerfallen waren.
Diesen Gedanken bereute Gabriel noch in derselben Sekunde in dem er ihm kam, denn von Enkeln kam er auf Kinder, von Kindern auf die Frau die ihm Kinder geb?ren k?nnte, und schon stand ihm das Bildnis von Leandra vor Augen, der Tochter Cernols wegen der er die m?hsame und gefahrvolle Jagd nach den Kronossrittern ?berhaupt erst aufgenommen hatte. Von Ihrem Vater hatte er erfahren dass Leandra in seiner Abwesenheit verheiratet worden war, und was Gabriel zun?chst nur f?r die Bosheit eines gescheiterten Verr?ters gehalten hatte war von Prinzessin Diadera sp?ter als wahr best?tigt worden. Irgendwie dr?ngte sich ihm seither der Vergleich mit einer Walnuss auf: Er f?hlte sich wie die leere, hohle Schale einer Nuss die auf irgendeine Weise ihr kostbares innerstes, den Kern verloren hatte?
Esekhiel h?tte ihn vermutlich einen Narren gescholten dass er sich w?hrend einer so wichtigen Unternehmung wie dieser mit Belanglosigkeiten wie seiner eigenen Einsamkeit aufhielt, aber er konnte nichts dagegen tun dass ihn von Zeit zu Zeit Melancholie befiel. Die M?nner und Frauen im Heerlager behandelten ihn mit gr??tem Respekt, aber gerade deshalb war zwischen ihnen und ihm eine Distanz die sich nicht ?berbr?cken lie?. Immerhin war er der General des K?nigs. Mit Malakai waren freundschaftliche Gespr?che ohnehin nicht zu erwarten, und zwischen Diadera und ihm selbst standen noch immer viele unausgesprochene Dinge. Der einzige mit dem er von Zeit zu Zeit reden konnte (von gelegentlichen Gebeten an seinen toten Vetter abgesehen) war der K?nig. Dabei hatte sich Malakais Vater als sehr angenehmer und ?beraus scharfsinniger Gespr?chspartner erwiesen, und zumindest solange niemand sonst in der N?he war verzichtete er auf das h?fliche ?Ihr? das Malakai als Pfeil des Lichts und auch als General zugestanden h?tte, und verwendete stattdessen das vertraulichere ?Du?. Dasselbe hatte er auch Gabriel angeboten, aber bislang hatte sich dieser noch nicht dazu durchringen k?nnen einen K?nig so zu adressieren.
Ein Diener kam herein mit einer gro?en Karaffe Wein und vier Pokalen. Nur Malakai lehnte ab. Als er wieder gegangen war wandte der K?nig sich ihnen zu. ?Ich habe Euch zu mir gebeten weil Ihr mein wichtigster Ratgeber seid, mein Feldherr und mein Erbe.? Er blickte nacheinander von Arcorius zu Gabriel und Malakai. ?Es ist schon sp?t, also verzeiht einem alten Mann wenn er direkt zur Sache kommt: Ich wei? dass wir bislang noch keinen solchen Vorfall hatten, aber ?ber kurz oder lang werden wir uns mit Attent?tern hier im Heerzug konfrontiert sehen ? m?gen es nun menschliche oder d?monische Angreifer sein. Vielleicht st?rze ich auch vom Pferd oder ertrinke in einem Bach. Auf jeden Fall gibt es etwas von dem ich will dass ihr es erfahrt. Es geht um Mordechai ? ihr m?sst manches ?ber ihn wissen um ihn verstehen und bek?mpfen zu k?nnen.?
Gabriel h?tte gerne etwas pathetisches eingeworfen ? etwa dass er das Leben des K?nigs und seiner Frau mit dem eigenen verteidigen w?rde ? aber in diesem Moment w?re er sich l?cherlich vorgekommen. Au?erdem lag in Beowulfs Stimme eine majest?tische Bestimmtheit die keinen Widerspruch zulie?. Und so fing der K?nig an aus seinem Leben zu erz?hlen, von der Zeit noch bevor er sich beim Volk von Sleipgard den Beinamen ?Der Schneek?nig? erk?mpft hatte.
* * *
Sie holten ihn am fr?hen Morgen aus seiner Zelle. Der Gefangene wurde von vier W?chtern mit Argusaugen beobachtet, als er langsam einen Fu? vor den anderen setzte. Die Aufseher waren heruntergekommene Gestalten, ungewaschen und unrasiert, ihre blasse Hautfarbe zeugte davon dass sie nur selten das Gesicht der Sonne sahen. Mit derben St??en wiesen sie ihrem Gefangenen den Weg durch das dunkle, feuchte Gem?uer.
Auf der Treppe des Kerkers teilten sie sich auf: zwei W?chter hinter dem Gefangenen, dessen H?nde gekettet waren, zwei ihm voraus, wobei ihn keiner aus den Augen lie?. Die W?nde der Treppe waren schmutzig und feucht, nur von dem Licht einiger weniger flackernder Fackeln erhellt. Der Boden war mit Unrat bedeckt, wodurch er sich in eine glitschige Rutschfalle verwandelte. Der Gefangene schien es jedoch nicht zu bemerken. Sein Blick war starr geradeaus gerichtet, seiner Umgebung schenkte er keinerlei Aufmerksamkeit. ?berhaupt schien er in der dunklen, dreckigen Umgebung v?llig deplaziert. Gro? war er, bestimmt einen halben Kopf gr??er als seine Bewacher, sein Haar war schneewei? und er hatte es sich hinter dem Kopf zusammengebunden. Auf den ersten Blick h?tte ihn niemand auf sein wahres Alter von nur sechsundzwanzig Jahren gesch?tzt. Auch seine Kleidung - eine schlichte, wei?e Tunika ohne irgendwelchen Zierrat - war relativ sauber, wenngleich sie etwas faltig und zerknittert wirkte.
So erreichten die ungleichen f?nf das Ende der langen Wendeltreppe, wo sie unvermittelt vor einer eisenbeschlagenen T?r stoppten. Einer der beiden vorderen W?chter kramte unter seiner speckigen Kleidung einen rostigen Schl?ssel hervor, den er langsam in das Schloss der T?r steckte und dann herumdrehte. Mit einem lauten Quietschen schwang die dicke Eichenholzt?r auf und gab den Blick auf einen weiteren langen, schmalen, nur sp?rlich beleuchteten Gang frei. Auch hier brannten Fackeln an der Wand und versuchten vergeblich mit ihrem unsteten Licht die Dunkelheit zu vertreiben; schafften es jedoch gerade einmal ihre unmittelbare Umgebung etwas zu erhellen.
Der Unterschied war, dass es am Ende dieses Ganges ein weiteres Tor gab welches von zwei uniformierten Soldaten der Palastgarde bewacht wurde. Auf ihren goldenen Helmen spiegelte sich das Feuer der Fackeln wieder, und in ihren wei?en Uniformen mit dem goldenen Schl?ssel als Wappen wirkten auch sie v?llig fehl am Platze.
Als die vier Bewacher des Gefangenen ihren "Sch?tzling" bis kurz vor das Tor gebracht hatten und die dortigen Palastsoldaten erkannten, wer der junge Mann in der Tunika war, versteiften sie sich und nahmen Haltung an. Einer der beiden salutierte sogar, was bei den heruntergekommenen Gestalten f?r unerfreutes Getuschel sorgte.
Z?gerlich, fast schon unwillig ?ffneten die beiden Soldaten jeweils ihre Seite des Tores und lie?en die seltsame Prozession passieren.
Blendend helles Sonnenlicht durchflutete den Gang, und f?r einen Moment schien es als wollten die beiden Torwachen die Gelegenheit nutzen um ihre Schwerter zu ziehen, um den Gefangenen zu befreien, doch mit einem kaum sichtbaren Sch?tteln des Kopfes und einer ebenso dezenten Handbewegung hielt der junge Mann sie davon ab. Ein feines L?cheln umspielte seine Lippen. Offenbar war er der Einzige, der nicht f?r einen kurzen Moment geblendet die Augen geschlossen hatte.
Dann zerrten seine Bewacher ihn weiter, hinaus in das Sonnenlicht, auf einen freien Platz im Hofe des Palastes. Der Hof des Palastes von Harben lag da wie ausgestorben. Niemandem hatte man gestattet sich um diese Stunde dort aufzuhalten, um Anschl?ge zu vermeiden.
Mit einigen Tritten, die der Gefangene kaum zu sp?ren schien, dirigierten ihn seine W?chter in die Richtung des Eingangs zum Innenbau des Palastes. Der Ausgang des Kerkers, aus dem die f?nf gerade herausgetreten waren, lag im hinteren Teil des Bauwerkes, des Palastes von Harben. Drei gro?e Mauern besch?tzten den Sitz der vandrischen K?nigin: Als erstes die Stadtmauer, die sowohl den K?nigssitz als auch die eigentliche Stadt Harben umgab. Sie war die H?chste der drei Mauern, daf?r ausgelegt einer Belagerung lange standzuhalten.
Die zweite Mauer trennte den Palast der K?nigin vom Rest Harbens. Zusammen mit dem k?nstlich angelegten See rund um den Palast bildete diese Mauer die Grenze zwischen dem gemeinen Volk und jenem Teil der Stadt, welcher ausschlie?lich dem (Geld-)Adel vorbehalten blieb.
Die dritte und letzte Mauer schlie?lich teilte wiederum den gro?en Saal, die Gem?cher K?nigin, ihre Residenz, die Bibliothek und vieles mehr vom Rest des Palastes ab. Sie war wenig mehr als eine symbolische Grenzlinie, und kaum h?her als ein gro?er Mann.
Genau diese Grenzlinie ?berschritten die f?nf M?nner nun, wobei zwei der W?chter besonderes Augenmerk auf den Gefangenen, und die anderen beiden die Soldaten im Auge behielten, die ?berall entlang dem Weg zum gro?en Saal postiert waren, ganz so als misstrauten die dunklen Gestalten der ganz in Wei? und Gold geh?llten Palastgarde. Noch immer trug der junge Mann den Kopf hoch erhoben, den Blick starr nach vorne gerichtet. W?ren seine H?nde nicht gefesselt gewesen h?tte ein zuf?lliger Beobachter ihn sicherlich f?r den reichen Herrn seiner vier Begleiter gehalten. Und genau genommen, dachte er grimmig, w?re das auch gar nicht so falsch gewesen.
__________________ "Optimismus ist, bei Gewitter auf dem h?chsten Berg in einer Kupferr?stung zu stehen und ?Schei? G?tter!? zu rufen."
Feminismus ist nur dazu da, um h?ssliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren." (Charles Bukowski)
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28.11.2006, 00:49 |
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Jagon
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Dass die erh?hte Wachsamkeit gegen?ber den Palastwachen nicht ganz grundlos war zeigte sich an jedem Soldaten dem sie auf dem Weg die Stufen hinauf begegneten: Einige blickten nur starr geradeaus, lie?en sich keine Gem?tsregung anmerken. Andere blickten mit sichtlich nicht unterdr?ckter Schadenfreude auf den Gefangenen herab. Der weitaus gr??te Teil der Soldaten jedoch nickte dem jungen Mann zu, einige salutierten gar wie vor einem vorgesetzten Offizier. Und es wiederholte sich auch dass einige der Soldaten ihre Hand an den Schwertknauf legten, doch der Gefangene sch?ttelte jedes Mal nur stumm den Kopf. Nun wurden auch seine vier Bewacher allm?hlich nerv?s und stie?en ihn grob vorw?rts, hie?en ihn schneller zu gehen.
Es schien eine Ewigkeit zu verstreichen bis sie endlich vor den marmornen Stufen standen die zum gro?en Saal f?hrten. Die wei?e Treppe war zu beiden Seiten von einem aus Alabaster gehauenen L?wen flankiert, auf dessen Kopf sich ein ebenfalls aus Alabaster gefertigter Spatz niedergelassen hatte - die Wappentiere des Imperiums das zu dieser Zeit noch ?ber die vier Reiche gebot.
Ohne Zutun seiner Bewacher erklomm der junge Mann eine Stufe nach der anderen bis zum Ende, wo zwei weitere Palastwachen mit gekreuzten Speeren standen und ihm den Zutritt verwehrten.
Von drinnen erklang die glockenhelle Stimme einer Frau, die den Wachen einen Befehl zurief. Daraufhin traten beide einen Schritt zur Seite, den Speer im Anschlag, den Blick starr geradeaus gerichtet auf einen imagin?ren Punkt auf der anderen Seite des Hofes.
Auch die vier heruntergekommenen Gestalten hatten ihren Gefangenen jetzt wieder in die Mitte genommen. So betraten sie den gro?en Saal.
Es war als tauchten sie in eine andere Welt ein. Von einem Moment auf den anderen befanden sie sich in einem Raum, der so voll von Prunk und Pomp war, dass es beinahe in den Augen schmerzte. Ein Boden aus reinem wei?en Marmor, S?ulen aus Alabaster mit Silberverzierungen, die Decke ein Mosaik das aus Hunderten kleiner Edelsteine bestand. Licht drang durch die vielen kunstvoll gearbeiteten Fenster herein und schimmerte in allen Farben des Regenbogens auf dem Marmor.
Daf?r hatte der Gefangene jedoch keinen Blick, sowenig wie f?r die vielen Edelleute die sich zwischen den S?ulen versammelt hatten und somit eine lange Gasse bildeten, an deren Ende sie thronte. In dieser Umgebung wirkte sie mehr wie eine G?ttin denn wie ein Mensch: goldblondes Haar umschmiegte einen grazilen Kopf, Augen von der Farbe eines blauen Nachthimmels blickten dem Gefangenen entgegen: K?nigin Elleiira von Vandrien, von den vier G?ttern auserw?hlte Retterin und Besch?tzerin des Landes Vandrien. Ihr zur Seite sa?en ihr Oheim, der Baron von Eberswalde - ein dunkler und vom Volk gef?rchteter Mann, sowie ihr Bruder Prinz Giselher, ein ansehnlicher Junge von f?nfzehn Jahren.
Die Schritte des Gefangenen hallten in dem langen Saal von Marmorw?nden wider, als der wei?haarige Mann von seinen vier Bewachern durch das Spalier der versammelten Edelleute gef?hrt wurde. Einige der Adligen tuschelten miteinander oder tauschten wissende Blicke aus, aber die meisten Augenpaare legten sich auf den Mann in wei?. Als er die Stufen hinauf zum Thron von K?nigin Elleiira erreicht hatte vertraten ihm zwei ebenfalls ganz in wei? und gold gekleidete Offiziere der k?niglichen Leibgarde den Weg. Auf einen Wink von Baron Eberswalde zogen sich die vier M?nner, die ihn aus dem Kerker geholt hatten, unter vielen Verbeugungen r?ckwartsgehend aus dem Sall zur?ck. Die beiden Offiziere nahmen eine Position an der Flanke des Gefangenen ein, immer bereit zum Schwert zu greifen und seinem Leben ein Ende zu setzen. Dann kehrte v?llige Stille im Saal ein. Alle warteten darauf dass sich der Gefangene verbeugen und den drei wichtigsten Leuten im K?nigreich ? oder doch zumindest der K?nigin ? seinen Respekt zollen w?rde. Allein ? er tat nichts dergleichen, sondern suchte den Blick von Elleiira, die ihre Augen starr auf einen imagin?ren Punkt hinter dem Mann in wei? geheftet hatte und nicht wagte ihn direkt anzublicken.
Als klar wurde dass der Gefangene entgegen der Etikette nicht das Knie beugen w?rde, wechselten der Baron und der Prinz vielsagende Blicke. Auch die versammelten Adligen quittierten diese Zurschaustellung von Arroganz mit leisem Gemurmel. Schlie?lich war es der Baron, der mit seiner tiefen Bassstimme als erster das Wort ergriff.
? Beowulf, Graf von Ulcaster und Prinz unseres vielgeliebten Nachbarn, des m?chtigen K?nigreiches von Sleipgard ? Ihr wisst warum Ihr hier steht? ? Der Angesprochene nickte stumm.
? Dann wisst Ihr auch dass auf euer Verbrechen der Tod steht? ? Ein freudloses Lachen entrang sich der Kehle des jungen Grafen, er erwiderte jedoch nichts. Unbeeindruckt fuhr Eberswalde fort:
?Doch trotz Eures Frevels hat meine allerg?ttlichste Nichte-? er nickte Elleiira zu
?in ihrer Gro?m?tigkeit ein milderes Urteil gef?llt. Nichte? ? Die K?nigin schloss noch einmal kurz die Augen, dann erhob sie sich mit sichtbarem Widerwillen von ihrem Thron, als ihr Oheim gerade wieder Platz nahm. Mit einer unbewussten Geste strich sie ihr perlenbesetztes Kleid glatt. Und als die K?nigin sprach, hatte sie sich gut in der Gewalt. Nur ihre engsten Vertrauten ? zu denen neben ihrem Bruder und ihrem Oheim auch Graf Beowulf geh?rte ? konnten den unsicheren Unterton in ihrer Stimme heraush?ren.
? Ein Verrat wiegt immer schwer, ? hob sie an, ? umso mehr wenn er von jenen begangen wird, die Wir f?r unsere Freunde halten. Wir kannten Euch schon zu der Zeit, als Wir noch jung und ohne die B?rde der Herrschaft waren. Vieles ist geschehen seitdem; oft habt Ihr euch als treuer Freund und tapferer Besch?tzer unseres geliebten Harben erwiesen. ? Noch immer mied sie den Blick des Mannes der vor ihr stand und zu Elleiira hinaufsah.
? Wir haben nicht die vielen Gelegenheiten vergessen, zu denen Ihr Unser Leben besch?tztet, auch als Feldherr unseres Heeres. Unvergessen bleibt auch, dass euer Schwert Uns den Thron erfocht. Doch verm?gen all eure Taten, und auch die F?rsprache meines Bruders, des Prinzen, nicht, den Frevel aufzuwiegen den Ihr begangen habt. Daf?r habt Ihr die h?rteste aller Strafen verdient. Da es die G?tter waren, die Ihr erz?rnt habt, sollen sie auch ?ber Euer Schicksal entscheiden. ?
Mit deutliche k?hlerer Stimme sagte sie: ? Graf von Beowulf: Euch wird mit sofortiger Wirkung euer Lehen und euer Titel aberkannt. All Eure L?ndereien, die Ihr auf Harbener Boden besitzt, sollen in den Besitz des Shanka-Pan-Tempels ?bergehen. Das Lehen Ulcaster, die Burg Ulcaster und alle Untertanen dort, frei oder Unfrei, sind nicht l?nger Euer eigen. Vom heutigen Tage an seid Ihr aus Unserem Lande und Unserem Herzen verbannt. ?
Erneut brandete lautes Gemurmel auf, es gab auch einzelne Unmuts?u?erungen und Rufe nach h?rteren Strafen. Beowulf jedoch verzog noch immer keine Miene. Niemand vermochte zu sagen ob ihn das Urteil ?berraschte oder nicht. Er suchte noch immer den Blick der K?nigin, und diesmal brachte sie endlich die Kraft auf, ihn anzusehen. Es waren Schmerz und Bedauern, die er in ihren Augen las, aber auch eine Entschlossenheit die Beowulf schon lange nicht mehr dort gesehen hatte.
? Wie Wir jedoch bereits sagten sollen die G?tter ?ber Euer Schicksal entscheiden: Ihr werdet dazu verurteilt, in die Unterstadt zu wandern. Wenn es euch gelingt, den Klauen der verfluchten Stadt zu entrinnen, dann sei eure Schuld getilgt! ? Bei der Erw?hnung der Stadt wurde es schlagartig still in dem Raum. Niemand redete mehr, und die versammelten Adligen schienen den Atem anzuhalten. ? Wenn Ihr ?berlebt, so ist es offensichtlich dass Euch die G?tter f?r Eure Untat vergeben haben, Beowulf??Ein abf?lliges L?cheln huschte ?ber sein Gesicht, die einzige Gem?tsregung die er sich anmerken lie?.
Elleiira setzte sich wieder, und erneut trat der Baron von Eberswalde auf den jungen Mann zu, der noch immer kein Wort gesprochen hatte.
? Beowulf, Prinz von Sleipgard, nehmt Ihr die h?chstrichterliche Entscheidung ihrer k?niglichen Majest?t an? ?
Der Angesprochene antwortete nicht. Stattdessen richtete er sich zu seiner vollen Gr??e auf und blickte dem Alten furchtlos entgegen. Es vergingen einige Herzschl?ge, in denen es in dem Raum still war wie am Anbeginn der Zeit, bevor die G?tter die Welt erschaffen hatten.
? Ich frage euch noch einmal: Nehmt Ihr die h?chstrichterliche Entscheidung an? ? dr?hnte von Eberswalde mit seiner tiefen Stimme. ? Wisset, dass dieses Urteil weit gn?diger ist als alles was ich ?ber euch verh?ngt h?tte. Ich h?tte euch sofort der Inquisition der Aerisos-Kirche ?bergeben, wie die Priester es fordern.?
Noch immer antwortete der Prinz von Sleipgard nicht. Baron von Eberswalde drehte sich zu seiner Nichte um und blickte sie fragend an. Auch Prinz Giselher neigte sich zu seiner Schwester hin?ber und fl?sterte ihr etwas zu.
?Seid gewarnt, Prinz von Sleipgard, ich werde Euch viertes und letztes Mal fragen! Seid Ihr gewillt dass Gottesurteil auf euch zu nehmen, oder wollt Ihr euch der Gerichtsbarkeit der Tempel unterwerfen?? Einige der Anwesenden sogen scharf die Luft ein. Allen war klar dass die Strafe der Inquisition schlimmer als der Tod sein w?rde; doch die Adligen f?rchteten gleichzeitig auch, dass es zu einer Revolte der Palastgarde kommen w?rde, wenn man den au?erordentlich beliebten und erprobten Beowulf der Kirche ?bergab, schlie?lich war er es gewesen der den Aufstand gegen Imperator Hieronymus II. siegreich angef?hrt hatte. Und es kam noch etwas anderes hinzu: Auch wenn Beowulf noch nicht offiziell gekr?nt worden war, so war es doch allgemein bekannt dass der Prinz im Verlauf des Krieges seinen Vater Fredegast erschlagen hatte, und dass dessen Bruder Ansgar ? nun der Truchsess im Nordreich ? gro?e St?cke auf seinen Neffen hielt. Die politische Dimension von Elleiiras Urteil war also nicht zu untersch?tzen, und das Gottesurteil vielleicht die einzige M?glichkeit der emp?rten und beim Volk ?beraus m?chtigen Kirche Genugtuung zu verschaffen, ohne Harbener H?nde in das Blut des Nordlandprinzen zu tauchen.
Der Beowulf selbst sprach noch immer nicht, er stand nur da in seinem wei?en Gewand und sah stur den Eberswalde an. Aus den Augenwinkeln bemerkte er jedoch wie die junge K?nigin ein wei?es, besticktes Tuch unter ihrem Kleid zum Vorschein brachte. Auch ohne das Muster zu erkennen wusste der Prinz was es zeigte: blauen Vogel auf wei?em Hintergrund: Das k?nigliche Wappen von Sleipgard; ein Geschenk von Beowulf an Elleiira. Als er ihr den Kopf zuwandte, glaubte er von ihren Lippen das Wort ?Bitte? ablesen zu k?nnen. Langsam schloss er die Augen, ?ffnete sie wieder und sah wieder den Alten an. Dann, bewusst langsam, ?ffnete er den Mund und sprach.
?Ich beuge mich Eurer Aufgabe?, sagte er, wobei er das Wort ?Gottesurteil? absichtlich vermied, ?doch eines solltet Ihr wissen, Baron: Ich habe niemanden get?tet, schon gar keinen Priester, und sobald wir uns wiedersehen ? und ich sage nicht falls, sondern sobald - ist es euer Tod. Das schw?re ich bei Leben all meiner Vorfahren bis zur?ck zum gro?en Holberich!?
Emp?rte Rufe seitens der Adligen brandeten auf; ein jeder von Ihnen h?tte f?r eine solche ?u?erung mit h?rtesten Strafen rechnen m?ssen; doch der Nordmann ? ein Fremder! ? wagte es in aller ?ffentlichkeit das Leben eines Mitglieds der k?niglichen Familie zu bedrohen!
Von Eberswalde jedoch lachte nur mit seiner dunklen Stimme. ? Wir werden sehen, mein Junge. Wir werden sehen.?
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28.11.2006, 00:50 |
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Jagon
Tr?ger
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* * *
Interessant, wie die Dinge sich ?ndern, dachte Beowulf als er nach der Urteilsverk?ndung in die privaten Gem?cher der K?nigin gebracht wurde. Vor drei Jahren noch ein Held ? und heute in die Verbannung geschickt.
Zwei Wachen f?hrten den Prinzen in die Kemenate der K?nigin, ein herrlich geschm?cktes Zimmer im hinteren Teil des Palastes. Auf den B?den lagen kostbare Teppiche, und an den W?nden hingen goldges?umte Gobelins mit Bildnissen aus der Mythologie.
Au?er Elleiira waren noch zwei ihrer Dienerinnen in der Kemenate, sowie eine dunkel gekleidete Frau mit finsterem Gesicht, bei deren Anblick der Nordmann unwillk?rlich die Luft einsog. In der Mitte des Raumes stand eine einladende Sitzruppe aus kleinen, mit Stoff ?berzogenen Hockern. Auf einem dieser Hocker sa? K?nigin Elleiira mit der Frau in schwarz und befahl den beiden Wachen Beowulf von seinen Fesseln zu befreien. Z?gernd kamen die beiden M?nner von Elleiiras Leibgarde dem Befehl ihrer K?nigin nach. Ihnen erschien es als ein gro?es Risiko den Nordmann von seinen Fesseln zu befreien ? kein Wunder, schlie?lich hatte Beowulf sie ausgebildet. Noch vor drei Jahren waren die meisten M?nner der Palastgarde gr??tenteils Vagabunden, Tr?umer oder einfache Wegelagerer gewesen. Erst der Prinz von Sleipgard hatte sie die Regeln der Disziplin und der Selbstaufopferung gelehrt; vor allem jedoch hatte er ihnen beigebracht immer die Sicherheit der K?nigin ?ber das eigene Leben zu stellen, so wie auch er es tat in jenen Tagen.
?Es ist gut. Wartet drau?en?, befahl Elleiira mit strenger Stimme den beiden uniformierten. Sie verbeugten sich und zogen sich zur?ck.
Als die T?r sich hinter ihnen schloss sprang die K?nigin von ihrem Hocker auf eilte auf Beowulf zu. St?rmisch fiel sie ihm in die Arme, und der Prinz von Sleipgard lie? sie gew?hren. Ihre beiden Dienerinnen sahen sich wissend an und tuschelten miteinander; die dunkel gekleidete Frau zog ver?chtlich die Augenbraue hoch.
?Es tut mir leid?, fl?sterte Elleiira, ?so unendlich leid!? Sie legte den Kopf an Beowulfs Schulter und sah ihm in die Augen.
?Ich wei?, war die Antwort des Prinzen, und vorsichtig legte er die Arme um sie. Die K?nigin war nur zwei Jahre j?nger als er, aber dennoch ein gutes St?ck kleiner. Ihr blonder Kopf reichte dem Nordmann nur knapp bis zu den Schultern.
?Oh Beo, es tut mir so leid. Ich w?nschte ich h?tte dich einfach wegschicken k?nnen, aber die Kirche... du ahnst nicht wie m?chtig die Tempel inzwischen geworden sind. Und nachdem du den Hohepriester...?
Sanft aber bestimmt schob Beowulf die K?nigin von sich. ?Elleiira, als ich die Kirche verlie? war er noch am Leben, und auch das Feuer war noch nicht ausgebrochen. Ich weiss nicht wer den Alten get?tet hat, oder wozu, aber wenn ich raten m?sste w?rde ich darauf wetten dass mich jemand loswerden will ? einbeliebter Feldherr, noch dazu von k?niglichem Blut ? kein Wunder wenn manch einer die Bef?rchtung hegt dass auf Hieronymus II. bald Beowulf I. folgen k?nnte.?
Elleiira sch?ttelte nur sanft den Kopf. ?Ich glaube dir Beo, aber das ist genug.?
Der Nordmann wollte noch etwas erwidern, aber eine Bewegung am Rande seines Sichtfeldes fing seine Aufmerksamkeit ein. Die Frau in schwarz hatte sich von ihrem Hocker erhoben und blickte die beiden ver?chtlich an.
?Wer ist das?? fragte Beowulf, und deutete dabei mit dem Kopf auf die Frau.
?Wei?t du das denn nicht? Das ist Desdemona, die Tochter Hieronymus II.?
Die Worte Elleiiras trafen den Prinzen wie ein Schwerthieb. Sicher, er hatte gewusst dass der letzte Kaiser eine Tochter gehabt hatte, aber er hatte sie noch nie von Angesicht zu Angesicht gesehen. Als seine Truppen den Palast gest?rmt hatten hatte er selbst alle H?nde voll damit zu tun Hieronymus zu stellen und gleichzeitig in der Stadt Pl?nderungen zu verhindern. ?Was tut sie hier?? Beowulf bemerkte die leichte Unsicherheit in seiner Stimme, und er ?rgerte sich dar?ber.
Elleiira z?gerte mit der Antwort, schien nach den richtigen Worten zusuchen. Als sie sie schlie?lich gefunden hatte fl?sterte sie ihm die Antwort ins Ohr.
?Ist dir aufgefallen dass kein Priester vier Kirchen bei der Verhandlung war?,? sagte sie. Beowulf nickte.
?Die Synode der Tempel hat deinen Tod gefordert, und wenn ich dich einfach verbannt h?tte w?re es wom?glich zum offenen Konflikt zwischen dem Thron und der Kirche gekommen. Hier bei uns ist es nicht so wie im Norden ? mein Volk ist nicht so pragmatisch was den Glauben angeht. Also einigte ich mich mit der Synode auf das Gottesurteil. Die Kirche stimmte aber erst zu, als ich ihr versicherte dass die Tochter des Kaisers dein Schicksal teilen w?rde...?
Es dauerte einen Moment bis Beowulf seine ?berraschung verdaute, die diese Worte bei ihm ausl?sten.
?Du willst diese Frau auch in die Unterstadt schicken?!? brach es schlie?lich aus ihm heraus; viel lauter als er eigentlich beabsichtigt hatte. Die Frau ? Demona ? lachte am?siert ?ber den Ausbruch des Nordmanns, schlie?lich war ihr durchaus klar warum die K?nigin gefl?stert hatte.
Mit einem resignierenden Seufzen nickte Elleiira. Sie wusste dass Beowulf ein hervorragender K?mpfer mit guten F?hrungseigenschaften war, aber bei solchen Gelegenheiten demonstrierte er einen Mangel an Taktgef?hl der bei seinem Volk fast schon zum guten Ton geh?rte. Die Nordm?nner waren vieles ? aber sicherlich keine Diplomaten.
* * *
Elleiira hatte keinen Tag verk?ndet an dem das Urteil vollstreckt werden sollte. Als Beowulf mit gefesselten H?nden noch in sp?t in derselben Nacht aus seiner Zelle geholt wurde und zusammen mit Desdemona fortgebracht wurde hatte er sofort Zweifel daran dass Elleiira wusste was vorging. Sein Verdacht wurde best?tigt als in der Aerisos-Kathedrale, wo sich der einzige bekannte Eingang in die Unterstadt befand, lediglich Baron Eberswalde auf sie wartete. Die Ironie der Situation entging dem Sleipgardprinzen keinesfalls.
Die Unterstadt ? ein erstes Harben, dass durch Magie aus grauer Vorzeit buchst?blich im Erdboden versunken war ? wurde von allen gef?rchtet. Die Gro?v?ter erz?hlten ihren Enkeln die Legenden vom b?sen Hexer Ko?on Zi, vom tapferen Gottkaiser Rankgar der vor vielen Generationen in der Unterstadt verscholl, und von den Magiern der ehemaligen magischen Akademie zu Harben, die vom grausamen letzten Gottkaiser Hieronymus II. in die Unterstadt verbannt worden waren, kaum dass er den Thron bestiegen hatte. Letzteres war nun knapp 30 Jahre her. Fast solange hatte die Herrschaft Hieronymus II. angedauert, ehe er den Bogen ?berspannte und eines nach dem anderen die Reiche in die Rebellion getrieben hatte.
F?r die Leute in Harben verk?rperte der letzte Gottkaiser das B?se schlechthin. Sein Aufstieg zum Herrscher war mit Blut ges?umt. Hieronymus II. ? damals noch Lakon K?chenmetz genannt ? war der Obrist der kaiserlichen Garde, bis er in einer einzigen schrecklichen Nacht die Macht an sich riss. Fast die gesamte kaiserliche Familie wurde von seinen Schergen get?tet, einzig Baron von Eberswalde, seine Schwester und deren Mann, die Eltern der jetzigen K?nigin Elleiira und des Prinzen Giserlher, konnten zu ihrem Vetter ins n?rdliche Sleipgard fliehen, wo f?nf Jahre nach der blutigen Usurpation Elleiira das Licht der Welt erblickte.
Ebenso bekannt war auch die Geschichte der magischen Akademie zu Harben. Aus einer panischen Furcht vor den Magiern und ihren nebul?sen K?nsten heraus f?hrte Hieronymus II. seine Machtergreifung in einer der beiden N?chte aus, in der die Magier jedes Jahr keine Zauberkraft besa?en. Seine Lakaien st?rten die Dozenten und Sch?ler der magischen Akademie bei einem uralten Ritual, durch sie jedes Jahr ihre Macht erneuern mussten, immer dann wenn die Tage am l?ngsten und am k?rzesten waren.
Der Leiter der Akademie und viele seiner Getreuen wurden noch in derselben Nacht hingerichtet, doch vor allem die Studenten und niederen Gelehrten wurden durch das gro?e Loch in der Krypta der Kathedrale gesto?en ; den einzigen Zugang in die Unterstadt. Danach lie? Hieronymus II. das alte Siegel ? einen einfachen Deckel aus Granit ? durch eine kunstvolle Statue mit seinem Bild ersetzen, als Zeichen seines Triumphs ?ber alle seine Widersacher. Die n?chsten Jahrzehnte war es ausgerechnet das Bildnis des verhassten Tyrannen welches die Stadt Harben vor den Gefahren des verfluchten Erbes unter ihr sch?tzte.
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28.11.2006, 00:50 |
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Doch vor drei Jahren hatte sich alles ge?ndert. Das Volk hatte genug von der Herrschaft des Thronr?ubers; die Leute erhoben sich und marschierten gegen den Palast von Harben. Man scharte sich um Beowulf und Elleiira, und unter der F?hrung des Prinzen von Sleipgard gelang es ihnen den Kaiserlichen Palast in Harben zu st?rmen und den Kaiser zu entmachten. Seine Frau nahm sich noch an Ort und Stelle das Leben, seine Tochter wurde gefangengenommen und stand seither in ihren Gem?chern unter Hausarrest.
Jetzt nicht mehr ? jetzt stand Desdemona neben Beowulf, ohne ihn eines Blickes zu w?rdigen in der N?he des nachtschwarzen Lochs das wie eine tiefe, klaffende Wunde im Marmorboden der Krypta klaffte. Bei ihnen waren Baron von Eberswalde und sechs Bewaffnete, ausnahmslos M?nner aus seiner eigenen Leibwache. Anscheinend war sich der Baron nicht ganz sicher was die Loyalit?t der Palastgarde anging. Der Grund daf?r offenbarte sich Beowulf auch schon kurz darauf als der Alte sich drohend vor ihm aufbaute.
?Ich f?rchte unsere Bekanntschaft endet hier, Prinz. So ungern ich mich auch der K?nigin widersetze, so unumg?nglich ist es doch in diesem Fall. Wenn ihr jemanden hassen wollt, so hasst mich, denn Elleiira weiss nichts von dem was hier gleich passieren wird. Ihr wisst was ich meine?? Eberswalde sah ihn an, und aus seinem Blick sprach nun nicht mehr dieser irrationale Hass den er noch bei der Verhandlung zur Schau gestellt hatte, sondern aufrichtiges Bedauern.
?Sicher. Ihr habt nicht vor mich oder sie? ? er nickte in Richtung Desdemona ? ?lebend da hinunterzuwerfen. Vermutlich wisst ihr sowenig wie ich was sich dort unten befindet, aber das Risiko dass einer von uns es ?berlebt und einen Weg zur?ck an die Oberfl?che findet ist Euch zu gro?. Soll ich raten? Ihr wollt nur verhindern dass die Erbin Hieronymus? oder der Feldherr der seine Armeen bezwang an seine Stelle treten k?nnen um eine neue imperiale Dynastie zu begr?nden. Vielleicht spielt Ihr als einer der letzten aus der urspr?nglichen Kaiserfamilie ja sogar mit dem Gedanken die L?cke selbst zu f?llen. Verdanke ich Euch auch die falsche Anklage??
Beowulf, noch immer gefesselt, hatte mit einer ?berheblichen Antwort gerechnet, doch der Baron blieb ernst. Aus seinem Blick sprach sogar ein gewisses Ma? an Mitleid als er erwiderte: ?Mit dem ersten Teil habt ihr Recht. Es tut mir leid, aber die Geschichte lehrt uns dass gro?e Revolutionen nur bestand haben k?nnen wenn sie ihre Kinder fressen. Ihr habt es ja bei der Urteilsverk?ndung selbst erlebt; manche Soldaten waren bereit Euch zu folgen obwohl sie sich damit dem Gesetz widersetzt h?tten. Das aber w?rde uns auf dem direkten Weg zur?ck in die Kaiserzeit f?hren. Um dieses Joch abzustreifen habt ihr schon so viele Opfer gebracht dass es mir die Kehle zuschn?rt euch noch ein letztes abzuverlangen, aber ich bin bereit meinen Platz unter den Schurken in der Geschichte einzunehmen wenn sich dieser Alptraum niemals wiederholt. Dennoch,? Eberswalde hob Zeige- und Mittelfinger, ?ich schw?re dass ich weder den Thron anstrebe noch etwas von einer Intrige gegen Euch wei?. Und Mir ist nicht bekannt ob Ihr den Priester wirklich erschlagen habt oder nicht ? und es ist mir auch gleich.? Er gab seinen M?nnern einen Wink ihre Schwerter zu ziehen und die Delinquenten zu ergreifen. Die Soldaten tauschten unsichere Blicke. Einer von Ihnen ?der Rangh?chste, ein b?rtiger junger Mann namens Halgor - trat vor den Baron und deutete eine Verbeugung. ?Herr??, begann er z?gerlich, und Beowulf merkte ihm an wie unwohl ihm in seiner Haut war. Desdemona beugte sich zu ihm ihn und fl?sterte s?ffisant ?Das verspricht interessant zu werden.? Ihre Stimme klang reichlich unaufgeregt, nicht so als ob es hier auch um ihr Leben ging.
?Herr, die M?nner? nein, ich kann Euren Befehl nicht ausf?hren.? Eberswalde erbleichte. Seine Hand zuckte zu dem Schwert an seiner Seite und ergriff es. Zornig blickte er dem jungen Mann direkt in die Augen. ?Dein Name ist Halgor. Du bist in meiner Baronie geboren. Ich kannte deinen Vater, er war Beamter in meiner Schatzkanzlei. Du hast voriges Jahr geheiratet ? ein sehr h?bsches junges Ding, die Tochter eines K?hlers wenn ich mich recht erinnere.? Halgor schluckte h?rbar und schien unter dem Blick des Barons f?rmlich zusammenzuschrumpfen, wich seinen stechenden Augen jedoch nicht aus. ?Erwartet sie ein Kind? Das w?re bedauerlich, nicht wahr? Ein Lehnsmann der seinen Lehnseid bricht hat schwerste Strafe von seinem Herrn zu erwarten, ich bin sicher das wei?t du.? Eberswalde strich sich mit der linken durch den zottigen Bart, die rechte noch immer am Schwertgriff. ?Ich nehme an Vater und Schwiegervater, Weib und Kind pf?hlen zu lassen w?re eine angemessene Strafe. Denkst du nicht?? Er wartete gar keine Antwort ab. ?Also nimmst du jetzt dein Schwert in die Hand, befiehlst deinen ? nein, meinen - M?nnern die beiden festzuhalten und st??t ihnen die Klinge ins Herz, oder ich schw?re bei den G?ttern dass niemand aus deinem Geschlecht diese Woche ?berlebt.?
Der junge Mann - Halgor ? z?gerte noch einige Herzschl?ge lang, schien mit sich selbst zu ringen. Dann trat er einige Schritte zur?ck, gerade weit genug um sich umdrehen zu k?nnen ohne dem Adligen gegen?ber respektlos zu sein, und gab seinen Leuten einen Wink. Daraufhin wurden Beowulf und Desdemona ergriffen und zum Rand des g?hnenden Rachens der Unterstadt gezerrt, in dem der Baron ihre K?rper entsorgen wollte. Halgor zog einen l?nglichen Dolch. Beowulf k?mpfte gegen die Angst, die sich in ihm ausbreiten wollte an indem er sich mit der Frage abzulenken versuchte ob er den jungen Hauptmann kannte, ob dieser vielleicht unter ihm gedient hatte im Befreiungskrieg, aber er kam zu dem Schluss dass er ihn noch nie gesehen hatte. Halgor warf indessen einen langen Blick ?ber die Schulter zur?ck auf den Baron, der eine ungeduldige Geste machte die man genauso gut als Drohung h?tte interpretieren k?nnen. In diesem Moment tat der junge Mann dem Sleipgardprinzen unendlich leid, so dumm der Gedanke auch sein mochte. Er schien ein aufrechter junger Bursche zu sein, noch dazu einer der seine hohen Ideale noch nicht an die grausame Wirklichkeit des Lebens verloren hatte.
Die Spitze des Dolches legte sich auf Beowulfs Brust, genau auf H?he des Herzens. Der Prinz wollte noch eine todesverachtende Geste machen oder irgendeinen hochtrabenden letzten Spruch zum Besten geben, aber die Wahrheit war dass Angst seine Kehle zuschn?rte. In diesem Moment ? der wohl sein letzter sein w?rde ? erkannte er den fundamentalen Unterschied zwischen der M?glichkeit auf dem Schlachtfeld zu sterben und der grausamen Brutalit?t eines unausweichlichen Todes gegen den es keine Abwehr gab. Schlie?lich gelang es ihm den Kopf in den Nacken zu legen und sich einen ? wie er hoffte ? seiner k?niglichen Abstammung entsprechenden gefassten Gesichtsausdruck zu geben. ?Tut was Ihr tun m?sst um Eure Familie und die Eurer M?nner zu sch?tzen?, murmelte er und hoffte dass seine Stimme f?r die anderen fester und herrischer klang als in seinen eigenen Ohren.
Halgor biss sich auf die Lippen, dann schloss er kurz die Augen und seufzte resignierend. ?Wir alle erhalten die Strafe die wir verdienen?, verk?ndete er dann, ergriff den Dolch fester ? und durchtrennte die Fesseln des Sleipgardprinzen.
Was folgte war Chaos.
Hinter ihm br?llte Baron Eberswalde auf und zog nun endg?ltig sein Schwert. Auch einige von Halgors M?nnern schienen es sich nun anders ?berlegt zu haben und diskutierten heftig untereinander. Kurzentschlossen streifte der junge Hauptmann seinen Schwergurt ab, dr?ckte ihn Beowulf in die Hand und sagte: ?Es f?hrt nur ein Weg f?r Euch aus Harben heraus, Herr.? Beowulf nickte. Sein Zeige- und Mittelfinger machten eine Geste vom Herzen zu den Augen und zur Stirn, eine Art unausgesprochener Dankesgeste. Dann wirbelte er herum, trat an den Rand des Lochs ? und sprang. Desdemona, noch immer gefesselt, spuckte auf den Boden und fixierte Eberswalde mit k?hlem Blick. ?Wir sehen uns wieder, und dann wird dein Gem?cht an meinem G?rtel baumeln.? Nach diesen Worten lie? sie sich einfach nach hinten fallen und verschwand wie der Sleipgardprinz in der g?hnenden Leere des Lochs in der Krypta der Kathedrale zu Harben. Dann st?rzten sich mehrere seiner Soldaten auf Halgor, der keine Anstalten machte sich zu wehren, und dr?ckten ihn zu Boden.
* * *
Beowulf beendete seine Geschichte an dieser Stelle. Die ganze Zeit ?ber hatte er nicht seine Besucher, sondern das Kohlebecken angesehen. In der Stille die nun folgte klang das leise Knacken der Kohlen wie eine aufbrechende Eisschicht auf einem See, oder kleine Glasst?cke auf die ein Kind mit unschuldiger Faszination einh?mmerte.
Es war zum allgemeinen Erstaunen Malakai der die Stille schlie?lich brach. ?Wie soll uns das helfen Mordechai zu t?ten?? Seine Stimme war gewohnt kalt und emotionslos. Ein Krieger, der sich n?tzliche Informationen ?ber seinen Feind versprach.
Der K?nig winkte mit dem Zeigefinger in Richtung seines Sohnes und nickte. ?Richtig, in der Tat. Von Hengist und Engulf habe ich erfahren dass sie so gut wie nichts ?ber Mordechai wussten als er vor einigen Jahren mit seinen M?nnern die Schlossruine in Besitz nahm und den Menschen im Austausch f?r Nahrung und die ein oder andere? Vergn?gung Sicherheit versprach. Thorn hat im Laufe der Jahre immer wieder unter D?monen?berf?llen zu leiden gehabt ? ich nehme an das hat auch damit zu tun dass es im Zentrum der Geschehnisse von vor zwanzig Jahren liegt.? Beowulf z?gerte kurz und musste daran denken dass die grauenerregenden Tardukai den Nordstern in die Mitte zwischen die anderen Edelsteine gelegt hatten ehe sie ihr grausiges Ritual vollf?hrten welches mitanzusehen ihn fast das Augenlicht gekostet h?tte.
Als der K?nig nicht fortfuhr r?usperte sich Arcorius. Der Magier hatte bislang still dagesessen und mit gelindem Interesse zugeh?rt ? Gabriel vermutete dass er diese Geschichte ?ber Beowulfs Vergangenheit bereits gekannt hatte, schlie?lich war allgemein bekannt dass Beowulf und Desdemona bei ihrer Flucht durch die Katakomben unter Harben die Magier vom Pentagramm der Verbannten getroffen und ihnen zur Flucht verholfen hatten. ?Nicht Eberswalde? der junge Hauptmann, oder??
__________________ "Optimismus ist, bei Gewitter auf dem h?chsten Berg in einer Kupferr?stung zu stehen und ?Schei? G?tter!? zu rufen."
Feminismus ist nur dazu da, um h?ssliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren." (Charles Bukowski)
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28.11.2006, 00:51 |
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Jagon
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Gabriel brauchte einige Sekunden um den Gedankengang nachzuvollziehen. ?Ihr meint aus diesem aufrechten ? wie war sein Name, Halgor? ? wurde Mordechai von Urag?n? Das Monster dessen Bastardsohn Mara und so viele andere umgebracht hat?? Der Pfeil des Lichts ruckte unwillk?rlich auf seinem Schemel in die H?he. Neben ihm wirkte Malakai nicht im Mindesten ?berrascht, aber seine Hand spielte am Griff von Hjalmir herum. Seltsamerweise fiel Gabriel diese Nebens?chlichkeit ?berdeutlich auf ? vermutlich weil der Sleipgardprinz nie etwas nur aus reinem Selbstzweck tat.
Der K?nig nickte. ?Halgor, ja. Damals ein einfacher Offizier. Eberswalde machte seine Drohung wahr, und er ging noch dar?ber hinaus. Vater und Schwiegervater, sein Weib und sogar das gerade erst geborene Kind lie? der Baron ?ffentlich pf?hlen. Halgor musste zusehen, und bei den G?ttern, ich will mir nicht vorstellen was in einem Mann vorgeht dem solches widerf?hrt.? Es folgte eine Pause in der Gabriel sich mit Gewalt dazu zwang sich nicht zu sehr mit diesem Gedanken zu besch?ftigen. Dann fuhr Beowulf fort: ?Danach lie? man ihn gehen. Eberswalde dachte wohl dass ein umherwandelndes K?ufchen Elend den Leuten mehr Respekt vor der Macht des Barons eintragen w?rde als ein wegesperrtes. Vermutlich war dieser Gedanke nicht einmal so verkehrtk, aber Halgor spielte einfach nicht mit. Die g?tige Juturna m?ge es verhindern, aber w?re ich an seiner Stelle gewesen und in gewisser Weise f?r den Tod meiner Familie verantwortlich, dann h?tte ich mich vermutlich von der n?chsten Br?cke gest?rzt. Halgor aber? Nun, nachdem Desdemona und ich aus der Unterstadt entkommen waren lie? ich ihn suchen. Und jetzt kommt der wahrhaft interessante Teil: Was glaubt ihr wo sie ihn fanden?? Der K?nig schaute in die Runde. Es war eine rhetorische Frage, aber Gabriel k?mpfte gegen den Drang an eine wenig noble Antwort zu geben. Sein Zorn auf Mordechai f?r Maras Tod wuchs mit jeder Sekunde, und dass er nun glaubte in der Stimme des K?nigs einen gewissen bewundernden Unterton zu vernehmen war beinahe mehr als er ertragen konnte.
Als h?tte man seine Gedanken gelesen sp?rte er pl?tzlich eine Hand auf seine Schulter. Sein erster Impuls war sie ?bsch?tteln zu wollen, doch dann besann er sich und sah ?ber die Schulter. Desdemona war lautlos hereingekommen und hinter ihn getreten. Sie schenkte ihm ein wissendes, beruhigendes, nicht zu fr?hliches L?cheln, und sein Zorn verrauchte zwar nicht, zog sich aber wie Nebel in den d?steren Forst am Rande seines Bewusstseins zur?ck.
Der K?nig bemerkte von Gabriels innerem Aufruhr nichts, oder lie? es sich zumindest nicht anmerken. Stattdessen machte er eine ausholende Geste. ?Nach den Hinrichtungen wurde Halgor wie gesagt nicht in den Kerker geworfen, sondern freigelassen. Ich denke dar?ber hinaus hatte sich niemand weitergehende Gedanken gemacht ? Eberswalde am allerwenigsten. Und was tut unser junger Offizier nachdem sein Herr seine ganze Familie ausl?schen lie?? Ganz einfach: Er erschien am n?chsten Tag zur gewohnten Zeit zu seinem Dienst in der Wache. Ha!? Der K?nig schlug mit der Faust in die ge?ffnete Linke, w?hrend Gabriel erstaunt die Augen aufriss und Arcorius neben ihm ?berrascht eine Augenbraue hochzog. Mit dieser Wendung hatte keiner von ihnen gerechnet, und es ging noch weiter: ?Jetzt k?nnte man daran denken dass Halgor vielleicht nur in den Dienst zur?ckkehrte weil er geistig v?llig verwirrt war, oder als Teil eines gro?angelegten Plans um sich an seinem Herrn zu r?chen. Aber nichts dergleichen. Dieser junge Mann akzeptierte dass er zwar vielleicht keinen Fehler gemacht hatte als er mir und meinem Weib das Leben rettete, wohl aber wusste er dass er damit gegen seinen Lehnseid verstie? und die Strafe daf?r allein im Ermessen seines Lehnsherrn lag. Ich weiss nicht ob er jemals mit seiner Wahl, mit den G?ttern, dem Schicksal oder Eberswaldes Entscheidung gehadert hat, aber was ich weiss, ist dass Halgor akzeptierte dass seine Handlung Konsequenzen hatte. Er hatte sie in Kauf genommen und trug sie dann. Zu diesem Ergebnis m?ssen auch seine Vorgesetzten gekommen sein; jedenfalls erhob niemand Einw?nde als der junge Kerl von da an wieder jeden Tag zum Dienst erschien als sei nichts gewesen. Vielleicht ist es auch einfach schlichtweg niemandem aufgefallen.? Beowulf zuckte mit den Schultern. ?Der Rest ist schnell erz?hlt: Nachdem mein Onkel auf die Krone verzichtete und ich zum K?nig gekr?nt wurde lie? ich Halgor nach Sleipgard bringen. Ich gab ihm eine Grafschaft in Nordosten des Reiches die w?hrend der Turbulenzen des Befreiungskrieges ihren Herren verloren hatte, und wie es in Vandrien Brauch ist nahm Halgor bei seinem Aufstieg in den Adel einen Namen aus dem Muatha an ? eben Mordechai. Ich glaube das bedeutet soviel wie ?Der Diener?, und es w?re auch nur passend. Das ist es wovor ich euch drei warnen wollte: Mordechai von Urag?n ist kein machthungriges Ungeheuer das das Land beherrschen will. Nein. Er ist ein Mann mit starken ?berzeugungen, den ich als au?erordentlich willensstark kennengelernt habe. Er ist immer bestrebt das Richtige zu tun, auch wenn die Konsequenzen furchtbar sein sollten. In gewisser Weise ist das bewundernswert. Aber wenn aus seiner Sicht das ?das Richtige? etwas anderes ist als aus unserer ? dann haben wir es mit einem zu allem entschlossenen Feind zu tun. Untersch?tzt ihn nicht. Ich habe in meinem Leben die Erfahrung gemacht dass die wahrhaft gef?hrlichen M?nner immer diejenigen sind die von ?berzeugungen getrieben werden??.
ENDE von Episode 18
__________________ "Optimismus ist, bei Gewitter auf dem h?chsten Berg in einer Kupferr?stung zu stehen und ?Schei? G?tter!? zu rufen."
Feminismus ist nur dazu da, um h?ssliche Frauen in die Gesellschaft zu integrieren." (Charles Bukowski)
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28.11.2006, 00:51 |
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